Eine Baby-Puppe liegt auf einem speziellen Früchchen-Tisch. Frühgeborene Kinder brauchen oft Sauerstoff, weil sie noch nicht selbständig atmen. (Foto: SWR)

Babys sollen länger bei der Mutter bleiben

Frühchen-Geburt: Ulm will neue Wege gehen

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Verena Hussong
Verena Hussong (Foto: SWR, SWR - Alexander Kluge)
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Frühchen werden nach der Geburt oft gleich abgenabelt und von Kinderärztinnen versorgt. In Ulm sollen die Babys künftig erst einmal bei der Mutter bleiben - an der Nabelschnur.

Frühgeborene kommen oft per Kaiserschnitt zur Welt, werden dann sehr schnell abgenabelt und getrennt von den Eltern von Kinderärztinnen und Kinderpflegerinnen versorgt. Am Universitätsklinikum Ulm will man nun als eine der ersten Kliniken in Baden-Württemberg einen anderen Weg gehen - und mithilfe eines neuartigen Geburtstisches Frühgeborene direkt bei der Mutter und noch angenabelt versorgen.

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Geburtstisch im Universitätsklinikum Ulm steht bereit

Ein langer Schwenkarm, an seinem Ende eine sanft gebogene Schale - weich ausgepolstert mit Tüchern. In der Schale ein Baby, noch ist es eine Puppe zum Üben. Denn der neue Geburtstisch im Universitätsklinikum Ulm wartet auf seinen ersten Einsatz im Kreißsaal.

Ein Frühchen liegt warm eingepackt auf der Brust seiner Mutter. Frühchen kommen oft per Kaiserschnitt zur Welt, werden dann sehr schnell abgenabelt. Ein neuer Behandlungstisch an der Ulmer Uniklinik soll die Versorgung der Kinder noch an der Nabelschnur möglich machen.  (Foto: SWR)
Frühchen kommen oft per Kaiserschnitt zur Welt, werden dann sehr schnell abgenabelt. Ein neuer Behandlungstisch an der Ulmer Uniklinik soll die Versorgung der Kinder noch an der Nabelschnur möglich machen.

"Für uns ist es wunderschön aus Hebammensicht, dass die Mama und das Kind nicht getrennt werden."

Der Schwenkarm ist an einem Wagen angebracht. Darauf befinden sich ein Sauerstoffgerät und Monitore zur Überwachung der Atmung oder auch des Herzschlages. Die Schale kann über das Bett geschwenkt werden, auf dem die Mutter liegt, erklärt Hebamme Lena Stratz.

Frühgeborene Kinder brauchen oft Sauerstoff, weil sie noch nicht selbstständig atmen. Sie werden dann abgenabelt und zur Versorgung in den Raum gegenüber gebracht, erklärt Kinderarzt Dr. Marc Mendler. Bei einer Versorgung auf dem neuen Geburtstisch müsse das nicht mehr sein. "Das System bietet uns jetzt die Möglichkeit, die ganze Technik, die im Zweifelsfall notwendig ist, um das Kind zu versorgen, an die Mama anzubringen und das Kind noch zu versorgen, solange es noch an der Nabelschnur ist."

Eine Baby-Puppe liegt auf einem speziellen Frühchen-Tisch. Damit üben die Mediziner und Medizinerinnen an der Ulmer Uniklinik.  (Foto: SWR)
Eine Baby-Puppe liegt auf einem speziellen Frühchen-Tisch. Damit üben die Mediziner und Medizinerinnen an der Ulmer Uniklinik.

Gefahr für Schädigungen bei Frühchen geringer

Das Kind bleibt also mit der Plazenta, mit dem Mutterkuchen, verbunden. So kann noch Sauerstoff zum Frühgeborenen fließen und das Kind kann noch Blut aus dem Herzen Richtung Plazenta schicken - die Gefahr für Schädigungen werde geringer.

Und es gibt noch einen Vorteil, wenn Mutter, Vater und Kind nicht getrennt werden: Die Bindung zwischen allen - sie kann auch bei Frühgeborenen sofort beginnen, gleich nach der Geburt. Der Chef der Geburtshilfe, Professor Frank Reister sieht "diesen psychologischen Vorteil", wenn das Kind bei der Mutter bleibt. Eine gute Bindung verringere die Zahl der Komplikationen bei Frühgeborenen und erleichtere später das Stillen, meint Kinderarzt Dr. Marc Mendler.

Der Geburtstisch hat inklusive der technischen Ausstattung mehr als 50.000 Euro gekostet. Die Universitätsklinik konnte ihn dank des „Förderkreises für intensivpflegebedürftige Kinder Ulm e.V“ erwerben. Die Ärzte wollen den Einsatz des Geburtstisches bei Frühgeborenen auch wissenschaftlich untersuchen. Prüfen, ob sich die Frühchen, die auf diese Weise nach der Geburt versorgt wurden, seelisch und körperlich besser entwickeln. Und auch, wie es dabei den Eltern und den Kreißsaal-Teams geht.

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