Vh-Erfolgsprojekt "Deutsch mit Kick"

Internationaler Fußballtreff in Ulm: Kicken und Deutsch lernen

Stand

Von Autor/in Isabella Hafner

Sie wollen ihr Deutsch verbessern. Und kicken. Seit elf Jahren trainieren in Ulm Männer unterschiedlicher Herkunft zusammen. Dabei fliegen nicht nur Bälle, sondern auch Sprachfetzen.

An der Ulmer Volkshochschule gibt es ein ganz besonderes Erfolgsprojekt: Seit elf Jahren trainiert der Deutschkurs-Lehrer Kürsat Celik freitags eine Hobbymannschaft auf dem Kunstrasenplatz des SSV Ulm 1846 in der Friedrichsau. Die Spieler haben alle mal einen Sprachkurs an der Volkshochschule gemacht. Oder sind gerade noch dabei. Und beim Sport können sie die Theorie direkt anwenden und ihr Deutsch aufpolieren.

Zwanzig Männer haben nur einen Fokus: den Ball. Es sind einige "prominente Namen", die Trainer Kürsat Celik mit dabei hat: "Ich habe einen Ribéry in der Mannschaft, einen van Dijk." Van Dijk ist in diesem Fall kein Holländer. Er ist Pakistani und trägt einen dunklen Bart. Er sei ein guter Abwehrspieler, deshalb der Name.

Und es habe sich auch ein bisschen aus der Not heraus ergeben: "Weil ich vier Mohammed hab'. Da dachte ich mir, das kann's nicht sein. Wenn ich jetzt Mohammed rufe, wer soll das dann sein?"

Fußball spielen und dabei Deutsch lernen

Die Spieler stammen aus Pakistan, Afghanistan, Bosnien, Serbien, Kamerun, Palästina und aus dem Irak. Auch sie nennen Kürsat Celik, den Deutschlehrer von der Volkshochschule, nicht beim Namen. Celik erzählt: "Das ist hochinteressant. Entweder bin ich der Coach oder ,mein Lehrer'. Also mein Lehrer ist im orientalischen Bereich die Respektsanrede." Und viele der Spieler kommen eben aus solchen Ländern.

Im Team sind noch der kamerunische Spieler Onana, der tatsächlich von einem Kameruner "besetzt" wird. Einen Ramos habe er schon gehabt, einer ist der Messi und einen anderen nennt er "C. R. 007" - angelehnt an Cristiano Ronaldo, der auch "C. R. 07" genannt wird.

Training bei Sonnenuntergang auf einem der SSV-Plätze in der Ulmer Friedrichsau. Für die Männer, die Fußball spielen und dabei spielerisch Deutsch lernen, ein fester Programmpunkt der Woche.
Training bei Sonnenuntergang auf einem der SSV-Plätze in der Ulmer Friedrichsau. Für die Hobbykicker ein fester Programmpunkt unter der Woche.

Die Mannschaft hat auch schon ein paar Pokale gewonnen. Besonders in Erinnerung geblieben ist das Turnier in Stuttgart mit 33 anderen Hobbymannschaften: Da sind sie quasi mit einem "Mannschaftsbus" hingefahren, die Volkshochschule hatte den Bus gestellt. Auch Frauen seien in der Mannschaft willkommen. "Aber es kommt leider selten vor, dass welche mitspielen wollen", erzählt Coach Kürsat Celik.

Neue Fußball-Wörter: Mittelfeld, Torwart, Schiri

Der 23-jährige Bili aus Kamerun absolviert derzeit noch seinen Deutschkurs bei seinem Lehrer Kürsat Celik. Der 23-Jährige ist einer der Neuzugänge im Team und begeistert von den freundlichen Kollegen und dem Spielsystem. Manchmal rutschen ihm noch Wörter auf Französisch heraus, manchmal sind es aber tatsächlich auch schon einige deutsche Wörter. Das sei manchmal noch ein bisschen schwer, aber er lerne bei jedem Training neue Wörter. Zum Beispiel: Flankenspieler, Mittelfeld, Torwart, Schiri.

Deutsch lernen mit Kick: Immer wieder stoßen Spieler aus neuen Ländern dazu. Im Moment stammen die Spieler unter anderem aus Afghanistan, dem Irak, aus Palästina, Bosnien, Serbien, Pakistan und Kamerun. Ganz rechts, in Schwarz: Trainer Kürsat Celik - links mit heller Jacke: Christoph Hantel, Leiter der Ulmer Volkshochschule.
Immer wieder stoßen Spieler aus neuen Ländern dazu. Im Moment stammen die Spieler unter anderem aus Afghanistan, dem Irak, aus Palästina, Bosnien, Serbien, Pakistan und Kamerun. Ganz rechts, in Schwarz: Trainer Kürsat Celik - links mit heller Jacke: Christoph Hantel, Leiter der Ulmer Volkshochschule.

Fußballtraining als sichere Konstante im Leben der Migranten

Über die Jahre bekommt Volkshochschul-Lehrer und Fußball-Trainer Kürsat Celik auch die Entwicklungen seiner Schüler beziehungsweise Spieler mit: Der eine wird Arzt, der andere hat ein Frisörgeschäft eröffnet, ein weiterer eine Möbelspedition.

Lays, heute 24, flüchtete 2016 aus Syrien, machte sein Fachabitur und arbeitet jetzt als Maschinen- und Anlagenführer bei einer Ulmer Lebensmittelfirma. Er ist schon lange im Team. "Auf jeden Fall kann man seinen Spaß hier haben. Wir spielen miteinander, verstehen uns gut."

Es gebe auch keinen Streit, man diskutierte halt manchmal. "Aber am Ende des Tages, kommen wir klar miteinander. Wir lassen dann alles hinter uns." Die Arbeit, den Alltag, die Gedanken an die Heimat.

Lays aus Syrien spielt seit vielen Jahren in der Multikulti-Hobbymannschaft. Beim Kicken hat er auch sein Deutsch verbessert. Auch ein bisschen Fußball-Schimpf-Sprache hat er drauf.
Lays aus Syrien spielt seit vielen Jahren in der Multikulti-Hobbymannschaft. Beim Kicken hat er auch sein Deutsch verbessert. Auch ein bisschen Fußball-Schimpf-Sprache hat er drauf.

Dann schmeißen die sich irgendwelche Sätze an den Kopf, da denkst du, jetzt bricht hier gleich der Krieg aus.

Interkulturelle Meinungsverschiedenheiten gebe es selten, emotional werde es trotzdem manchmal, erzählt Trainer Kürsat Celik. Wäre sonst ja auch kein Fußball.

Die Pflichtsprache auf dem Fußballplatz ist Deutsch

Die Pflichtsprache auf dem Platz ist Deutsch - eigentlich. Doch manchmal ist er selbst irritiert: "Dann schmeißen die sich irgendwelche Sätze an den Kopf, da denkst du, jetzt bricht hier gleich der Krieg aus." Fragt er dann nach, wird er von seinen Spielern beruhigt: "Nein, Coach, keine Angst. Ich habe ihm nur dies und das erklärt."

Kürsat Celiks Erfahrung ist: Sprechen Araber miteinander, sprechen sie meist deutlich lauter als Deutsche. "Wenn die dann hier an der Seite sitzen und quatschen, - da frage ich dann schon mal: Hey Leute, streitet ihr jetzt?" Dann heißt es: "Nein, er hat nur gesagt, was er am Wochenende kocht und ich wollte das Rezept haben."

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