Es ist kaum zu glauben: Nichts los in der Machtolsheimer Lindenhalle. Dabei standen vor Weihnachten zum Beispiel für die mobilen Impfaktionen im Ulmer Einkaufszentrum Blautalcenter die Menschen bis zu fünf Stunden lang Schlange. Manche hatten zum Warten sogar Buch, Thermoskanne und Klappstuhl mitgebracht.

Daraufhin sind neun Impfzentren vom Deutschen Roten Kreuz Ulm-Heidenheim hochgefahren worden. Doch statt diesen die Türen einzurennen, dröpfeln die Impfwilligen nur langsam herein.
Impfungen in Laichingen seit Mitte Januar möglich
Seit letzter Woche wird im Laichingener Ortsteil Machtolsheim (Alb-Donau-Kreis) geimpft. Eigentlich... Ein junger Mann schaut verwirrt: "Als ich eben herein gekommen bin, dachte ich: Hier ist doch geschlossen. Weil wirklich niemand da war. Ich dachte, ich hätte etwas falsch gemacht, mich im Termin geirrt."

Was für ein Betreuungsschlüssel! Der junge Mann, der sich wegen seines regelmäßigen Fitnessstudiobesuchs boostern lassen will, wird von einem Arzt und einer medizinischen Angestellten über die Impfung aufgeklärt. Eine andere Ärztin eilt herbei, um ihn zu impfen. Die zahlreich aufgestellten Wartestühle - sie warten auf Wartende. Doch... Da ist noch einer! Ein Mann um die 60. Auch er will sich heute seine dritte Impfdosis holen: "Ich habe mir gedacht, jetzt lässt du mal den Dezember verstreichen, mit Weihnachten und so weiter. Und dann im Januar, wenn wieder alles normal läuft, dann mache ich es auch." Er findet es gut, dass er nun nicht stundenlang warten muss.
Lisa Federle für Offenheit und Transparenz Tübinger Pandemiebeauftragte will über Nebenwirkungen der Corona-Impfung reden
Nebenwirkungen, Schäden, Reaktionen, was einem so widerfahren kann nach einer Corona-Impfung. All das dürfe kein Tabu sein, sagt die Tübinger Pandemiebeauftragte Lisa Federle.
"Wir sind absolut enttäuscht. Im Grunde rechnen wir hier mit 200 Leuten täglich."
Für einen kurzen Moment war ein Hauch von Leben in der Lindenhalle. Und jetzt: Schon wieder tote Hose. Der Arzt Andreas Appel: "Wir sind absolut enttäuscht. Im Grunde genommen rechnen wir hier mit 200 Leuten täglich. Und heute haben wir, bisher...?" Er richtet die Frage an seine Kollegin Nadine Hack. Die die Zahl verkündet: "17!" Vergangenen Freitag (14.1.2022) hätten sie einen kleinen Höhepunkt erlebt, mit 93 Menschen, die sich impfen ließen. Für den nächsten Tag sind zwölf angekündigt. "Das ist schon traurig."

Corona-Impfung jetzt auch ohne Termin möglich
Also haben sie einen Zettel an die Tür gehängt: "Impfung auch ohne Termin". Und können es kaum glauben: Vor nicht mal zwei Monaten war Impfstoff der Stoff der Begierde, etliche Impfwillige mussten sogar abgewiesen werden.
Hagen Feucht, der fürs Rote Kreuz die Impfaktionen rund um Ulm koordiniert, berichtet von ähnlicher Ebbe an den weiteren acht Impfstützpunkten - im Alb-Donau-Kreis, Kreis Heidenheim und in Ulm: Statt den möglichen 18.000 bis 20.000 Dosen würden zurzeit nur rund 6.000 verimpft. "Wir hatten bis diese Woche Unterstützung von der Bundeswehr. Die haben wir jetzt aufgrund der mangelnden Nachfrage beendet." Er ist froh, dass wenigstens recht flexibel mit Personal auf die Nachfrage reagiert werden konnte und kann.
BW-Trend Januar 2022 Aktuelle Umfrage: Mehrheit unterstützt Corona-Impfpflicht - wenig Verständnis für Anti-Corona-Proteste
Wegen der Omikron-Variante bleibt die Corona-Eindämmung aktuell zentrale Aufgabe der Politik. Die meisten Baden-Württemberger sind für die Impfpflicht und gegen Schulschließungen.
Viele in Ulm haben schon eine Boosterimpfung
Und auch wenn Ulm, ihm zufolge, bei den Boosterimpfungen landesweit auf Platz drei liege - dass dennoch die Impfnachfrage plötzlich so fällt? Das habe man nicht erwartet. Feucht: "Vor allem muss man ja berücksichtigen, dass wir Anfang November unsere Kapazitäten massiv hochgefahren haben." Konkret: Das Rote Kreuz hat innerhalb von sechs Wochen neun Impfstützpunkte aus dem Boden gestampft, von 15 Mitarbeitern habe man auf 160 erhöht. Das war organisatorisch schon der Overkill.
Warum die Nachfrage nun aber nicht so weiter geht - darüber wird auf der Alb "oben" am Impfstützpunkt in Machtolsheim gerätselt, genauso tut es Hagen Feucht "unten" in Ulm. Es könnte daran liegen, dass die, die im Mai, Juni und Juli schnell ihre Impfung haben wollten, nun auch so schnell wie möglich ihre Boosterimpfung haben wollten. Das wäre dann Ende letzten Jahres gewesen. Und der Kamm des "Impf-Wellenberges" wäre damit abgetragen. Manche warteten laut Feucht auf einen speziellen Impfstoff gegen Omikron. Wieder andere wollten sich vielleicht aus Trotz um eine mögliche Impfpflicht gar nicht mehr impfen lassen.