Die Aufforderung zum Marschieren an sich sei nicht strafbar, sagt Sonka Mehner, Vizepräsidentin des Deutschen Anwaltvereins. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Stringer)

Aufruf aus Ostwürttemberg auf YouTube

Gegner der Corona-Maßnahmen: "Geht dorthin, wo sie wohnen - das tut ihnen weh"

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Gegner der Corona-Maßnahmen rufen inzwischen gezielt dazu auf, vor die Häuser von Lokalpolitikern zu ziehen, aber auch zu Zeitungen - zum Beispiel in Ostwürttemberg. Eine ernstzunehmende Bedrohung?

Sätze wie diese kann man derzeit auf der Internet-Plattform YouTube hören: "Geht dorthin, wo sie wohnen. Die Frauen, die Kinder, die Familien sollen sehen, dass diese so genannten Mandatsträger nicht das tun, für was sie gewählt sind. (...) Das tut ihnen weh." Das klingt bedrohlich. Auch wenn der Urheber zu friedlichem Verhalten aufruft.

Nicht minder aggressiv: Ein Plakat, ein so genanntes "Sharepic", das in Social-Media-Gruppen kursiert: "Jetzt wird nicht mehr spaziert, sondern marschiert! Und zwar zu den Mitschuldigen!" heißt es da. Die "Mitschuldigen", laut Text sind das Politiker, Lehrer und Gemeinderäte. Aber auch Presse- und Medienhäuser.

Sätze wie diese kann man derzeit auf der Internet-Plattform Youtube hören: "Geht dorthin, wo sie wohnen. Die Frauen, die Kinder, die Familien sollen sehen, dass diese so genannten Mandatsträger nicht das tun, für was sie gewählt sind." (Sujetbild) (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Franz-Peter Tschauner)
Sätze wie diese kann man derzeit auf der Internet-Plattform Youtube hören: "Geht dorthin, wo sie wohnen. Die Frauen, die Kinder, die Familien sollen sehen, dass diese so genannten Mandatsträger nicht das tun, für was sie gewählt sind." (Sujetbild)

Auch die Ulmer "Südwest Presse" ist betroffen. Als ernsthafte Bedrohung empfindet Lokal- und Regionalchef Matthias Stelzer das allerdings nicht. Die Redaktion habe einem Kanal der Social-Media-Plattform "Telegram" entnommen, dass sie von Demonstranten besucht werden solle. "Aber wir sehen das zunächst mit großer Gelassenheit. Wir haben die Ulmer Polizei informiert, und jetzt schauen wir mal, was auf uns zukommt." Bereits am Mittwoch hatte eine Handvoll Demonstranten die beiden Schwäbisch Gmünder Tageszeitungen "Remszeitung" und "Gmünder Tagespost" "besucht".

Einschüchterung kann strafbar sein

Ist der Aufruf zu einem "Marsch" vor ein Medienhaus noch im Rahmen des gesetzlich Erlaubten - oder eine Straftat? Sonka Mehner, Vizepräsidentin des Deutschen Anwaltvereins, sagt: Die Aufforderung zum Marschieren an sich ist nicht strafbar. "Einschüchterung und Angst machen können dagegen Nötigung und damit strafbar sein", so die Juristin. Im Einzelfall könne das die Grenzen der Strafbarkeit überschreiten.

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Urheber hat Video inzwischen gelöscht

Der Urheber des eingangs zitierten Videos war zwar zu keinem Interview bereit, der in Giengen an der Brenz lebende Mann hat das Video auf seinem privaten Account der Social-Media-Plattform "Telegram" inzwischen gelöscht. Auf YouTube ist es weiterhin zu sehen, und für Giengens Oberbürgermeister Dieter Henle (parteilos) ist es keineswegs harmlos. "Da baut man eine Drohkulisse auf, die zum Ausdruck bringt, dass man mit dem friedlichen Charakter der legitimen Demonstrationen - und auch der Märsche - nicht zufrieden ist, dass das nicht ausreicht." Deshalb müsse man ein solches Video schon ernst nehmen, es aber auch nicht überbewerten, so die Einschätzung des Oberbürgermeisters.

Derzeit plane die Stadt keine Anzeige gegen den Mann, teilt Dieter Henle dem SWR mit. Das Video werde aber von der Kriminalpolizei ausgewertet. Daher behalte sich die Stadtverwaltung vor, gegebenenfalls gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft rechtliche Schritte einzuleiten.

Ulmer SPD-Fraktion fordert Stadt zum Handeln auf

In Ulm hat die SPD-Gemeinderatsfraktion die Stadtverwaltung in einem offenen Brief zu Maßnahmen gegen diese, wie sie formuliert, "demokratiefeindlichen Äußerungen und Aktionen" aufgefordert. Die Redaktion der "Südwest Presse" sieht einem möglichen Aufmarsch vor ihrem Gebäude zwar gelassen entgegen. Lokal- und Regionalchef Matthias Stelzer kennt sich mit wenig friedfertigen Meinungsäußerungen aber aus. "Ich habe erst am Donnerstag bei Polizei und Staatsanwaltschaft zwei Mails angezeigt, in denen ein Kollege massiv bedroht wurde. Da haben wir jetzt Anzeige erstattet."

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