Einer der Mutigen kommt aus der Region. Der 54-jährige Priester Uwe Grau. Er ist Pfarrvikar in Uttenweiler (Kreis Biberach), unterhalb von Oberschwabens "Heiligem Berg", dem Bussen. Uwe Grau ist schwul. Das macht er in der Fernsehdokumentation der ARD zum ersten Mal öffentlich. "Wir haben in unserer Kirche so eine riesige Glaubwürdigkeitskrise", erzählt er.

Dieser könne man nur mit Offenheit und Realität begegnen. "Da gehört eben dazu, dass viele von uns Priestern schwul sind", sagt der 54-Jährige. Doch eigentlich dürfen sie das nicht sein. Denn für homosexuelle Männer gilt in der katholischen Kirche ein Weiheverbot. Sie sind praktisch berufsunfähig. Auch Frauen und Männer, die in anderen kirchlichen Berufen arbeiten wollen, müssen die katholische Sittenlehrere beachten - und zwar im Beruf und im Privatleben.
Zuspruch von Maria 2.0-Aktivistin
Nicht-heterosexuelle Beziehungen widersprechen dieser katholischen Sittenlehre. Trotzdem arbeiten viele queere Menschen in der katholischen Kirche. Mit dem gemeinsamen Coming-Out wollen einige von ihnen Schluss machen mit oft jahrelangem Versteckspiel und Doppelleben. Eine Umfrage bei kirchlichen Beschäftigten in der Region zeigt: Sie begrüßen die Aktion ihrer Kolleginnen und Kollegen. Für Luzia Gutknecht, Diözesanrätin aus Aalen und Aktivistin der Initiative "Maria 2.0", war sie längst überfällig. "Es geht gar nicht, dass in Deutschland eine sexuelle Orientierung ein arbeitsrechtliches Problem darstellen könnte", kritisiert Gutknecht. Es sei höchste Zeit, dass die Kirche da nachziehe.
Ähnlich äußert sich Sven van Meegen. Für den Pfarrer von Niederstotzingen und Dozent an der Dualen Hochschule Heidenheim müssen queere Menschen zwingend in der Kirche mitarbeiten. Kirche sei ein Spiegelbild der Gesellschaft, erklärt van Meegen. Und nur, wenn diese Priester und Erzieherinnen zu ihrer sexuellen Ausrichtung stehen könnten, seien sie auch glaubwürdig. "Wenn Menschen das verschweigen müssen, ist das für sie ein enger Raum, aus dem sie nicht rauskommen", erläutert van Meegen.
30 Rückmeldungen an homosexuellen Pfarrvikar
Pfarrvikar Uwe Grau hat seit der Veröffentlichung in der vergangenen Nacht rund 30 Rückmeldungen bekommen. "Nur positive, sehr ermutigende Zusprüche von Kirchengemeinderäten, Feuerwehrkameraden, Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher Berufe", erzählt er am Montag.
Der gebürtige Mutlanger rechnet im Übrigen nicht mit irgendwelchen Konsequenzen seines mutigen Schritts, denn er lebe in keiner Beziehung. "Nur Schwul zu sein, ist noch kein Grund die Stelle zu verlieren", sagt er.