Oberstleutnant Verena Haggenmiller aus Ulm

Weltfrauentag: "Frauen spielen für die Teambildung in der Bundeswehr eine wichtige Rolle"

Stand
Autor/in
Katja Stolle-Kranz
Katja Stolle-Kranz

Seit 2001 können Frauen bei der Bundeswehr jede Laufbahn einschlagen - doch nur wenige ergreifen die Chance. Das soll sich ändern, sagt die Gleichstellungsbeauftragte eines Kommandos aus Ulm.

Das Multinationale Kommando Operative Führung in Ulm will seinen Frauenanteil von derzeit gerade mal elf Prozent deutlich erhöhen, sagt dessen Gleichstellungsbeauftrage Verena Haggenmiller zum Internationalen Frauentag dem SWR: "Auch, weil Frauen für die Teambildung in der Bundeswehr eine ganz wichtige Rolle spielen."

Warum Frauen bei der Bundeswehr gebraucht werden 

Frauen haben Chancen in vielen Aufgabenfeldern der Bundeswehr, erklärt Haggenmiller. Die 41-Jährige ist selbst dafür das beste Beispiel. Seit über 20 Jahren ist sie im Einsatz. Hat ihre Ausbildung einst bei der Militärpolizei gemacht.

Seit drei Jahren ist sie Gleichstellungsbeauftragte bei dem Kommando in der Wilhelmsburg-Kaserne in Ulm. Dienstgrad: Oberstleutnant. Bis dahin hat sie einige Dienstgrade hinter sich gelassen, auch Wirtschaftswissenschaften studiert. "Die Bundeswehr braucht einfach mehr Frauen, weil sie uns Vielfalt reinbringen. Ganz viel großen Output. Und davon wollen wir einfach noch mehr haben", betont Haggenmiller.

Die Gleichstellungsbeauftragte Verena Haggenmiller beim Multinationales Kommando Ulm vor Plakaten in einem Raum der Wilhelmsburgkaserne in Ulm - sie wirbt für mehr Frauen bei der Bundeswehr.
Verena Haggenmiller ist seit über 20 Jahren bei der Bundeswehr und vertritt die Soldatinnen seit drei Jahren als Gleichstellungsbeauftragte beim Multinationalen Kommando Operative Führung in Ulm.

Gleichstellungsbeauftragte: "Frauen sind einfach gut für's Team"

"Man merkt auch, dass in gemischten Teams die Arbeitsleistung einfach besser ist als in jenen, die nicht gemischt sind", erzählt Haggenmiller. Sie selbst wusste schnell, dass sie zur Bundeswehr wollte: "Ich bin in Frieden aufgewachsen und hatte irgendwie das Gefühl, meinem Land etwas zurückgeben zu wollen. Und sollte es einmal ernst werden, möchte ich nicht in Schockstarre verfallen, sondern etwas tun."

Falls es einmal ernst wird, möchte ich nicht in Schockstarre verfallen, sondern etwas tun.

Welche Chancen sich bieten, das hänge vor allem von den Frauen selbst ab, heißt es auf einem Treffen des Multinationalen Kommandos. Je nachdem, welche Fähigkeiten und Berufswünsche sie mitbringen, so die Gleichstellungsbeauftragte: "Wir haben die Möglichkeit, Berufsausbildungen bei der Bundeswehr zu machen, etwa auf die Technikebene zu gehen, auf die Meisterebene und schlussendlich auch die Möglichkeit, ein Hochschulstudium zu machen." 

 

Der Fuhrpark der Gefechtsstandstaffel beim Multinationalen Kommando in der Wilhelmsburgkaserne - Ramona D. ist hier Kommandantin.
Beim Multinationalen Kommando Operative Führung in Ulm gibt es nur wenige Frauen - Ramona D. ist eine von ihnen. Sie ist Kommandantin der Gefechtsstandstaffel mit 190 Soldaten und Soldatinnen.

Ramona D. - Kommandantin mit viel Verantwortung 

Auch Ramona D. ist eine der Soldatinnen in dem Kommando in der Wilhelmsburg-Kaserne in Ulm. Die 31-Jährige hat ebenfalls studiert und auch schon im Ausland gearbeitet. Jetzt ist sie Kommandantin und Hauptmann der Gefechtsstandstaffel mit 190 Soldatinnen und Soldaten. Diese ist zuständig für den Transport und Aufbau von Infrastruktur und Technik bei Truppenbewegungen: "Das muss ständig geübt werden, damit wir flexibel bleiben." Hier hat Ramona D. auch Disziplinarverantwortung: "Da bin ich auch für Lob und Tadel zuständig."

Wie akzeptiert sind Frauen bei der Bundeswehr im Alltag?

"Wir sind im Bundeswehralltag in jeglicher Hinsicht voll akzeptiert", sagen Oberstleutnant Haggenmiller und Hauptmann Ramona D. In vielen Bereichen seien die Frauen heute präsenter als zuvor. Allerdings werde bei einem Dienststellenwechsel in eine gehobene Position schon "genauer hingeschaut. Ist es ein Mann, wird er vielleicht nur als 'der Neue' bezeichnet", berichtet Ramona D.

Sicher stehe man häufig noch mehr im Fokus als Männer, aber man könne dies auch nutzen, meint Verena Haggenmiller: "Wenn man gut auf seine Aufgaben vorbereitet ist, hat man eben auch die Aufmerksamkeit, wird vielleicht eher gesehen, was auch ein Vorteil sein kann."

Als Frau zur Bundeswehr? Das sagen Passantinnen in Ulm

Bei der Frage, ob sie sich vorstellen könnte, als Frau zur Bundeswehr zu gehen, muss eine junge Passantin in der Ulmer Fußgängerzone nicht lange nachdenken: "Vielleicht schon, müsste ich mal ausprobieren", sagt sie.

Eine andere Frau schüttelt entschieden den Kopf: "Nein, tatsächlich nicht, weil ich mir nicht vorstellen kann, in einem hierarchischem Klima zu arbeiten". Zwei junge Stadtbummlerinnen kennen zumindest Frauen, die bei der Bundeswehr Medizin studieren und sonst keinen Studienplatz bekommen hätten. Für sie selbst käme das aber nicht infrage. Andere scheuen die Grundausbildung mit Waffengebrauch und wollen sich nicht über Jahre festlegen.

Ramona D. vor dem Hochregallager des Multinationalen Kommandos der Bundesweht in Ulm - eine der wenigen Soldatinnen dort.
Kommandatin Ramona D. vor dem Hochregallager der Gefechtsstandstaffel in der Wilhelmsburg-Kaserne. Hier lagert auch das Equipment, das im Ernstfall für den Aufbau von mobilen Gefechtsständen benötigt wird.

Gleichberechtigung: Frau Oberstleutnant und Frau Hauptmann - ist das noch zeitgemäß? 

"Unsere Sprache hier bei der Bundeswehr ist so eine Art Tool, die es Männern und Frauen gleichermaßen ermöglicht, sich in jeder Situation präzise ausdrücken zu können. Dabei wurden die Dienstgrade bewusst nicht angepasst. Also heißt es nach wie vor "Frau Oberstleutnant" und "Frau Hauptmann". "Das wollten die meisten Frauen auch nicht, da gab es mal eine Diskussion", erzählt Verena Haggenmiller. Zudem seien die Dienstgrade traditionell gewachsen, so die Gleichstellungsbeauftragte.

Viele seien auch stolz auf ihren Dienstgrad, weil er sofort erkennbar mache, was sie oder er bei der Bundeswehr schon erlebt und durchlaufen habe. "Wenn ich eine Kameradin oder einen Kameraden treffe, dann schaue ich auch auf die Schulter und bin dann schon informiert", meint die 41-Jährige.

Die Bundeswehr braucht einfach mehr Frauen, weil sie uns Vielfalt bringen. Ganz viel großen Output. Davon möchten wir noch mehr haben.

Mehr Soldatinnen im Sanitätsdienst

Es habe sich vielleicht auch noch nicht herumgesprochen, welche Vorteile ein Job bei der Bundeswehr für Frauen habe, vermutet sie. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie etwa: "Wir haben hier eine großzügige Gleitzeit, das kommt allen zugute." Das Studium werde finanziell unterstützt. In manchen Bereichen sei auch Home-Office möglich. Zudem könnten sich alle Frauen vertrauensvoll mit allen Anliegen an die Gleichstellungsbeauftragte wenden, um ganz individuelle Lösungen zu finden.

1975 gab es die ersten Soldatinnen bei der Bundeswehr - heute sind es in Deutschland fast 24.000. Dies ist nach Bundeswehrangaben ein Frauenanteil von etwa 13 Prozent. Vergleichsweise viele Frauen arbeiten im Sanitätsdienst der Bundeswehr. Etwa im Bundeswehrkrankenhaus (BWK) in Ulm. Laut Presse- und Informationszentrum seien dort aktuell über 200 Ärztinnen tätig und 140 Soldatinnen in der Pflege. Außerdem arbeiten Soldatinnen beim Sanitätsregiment 3 in Dornstadt im angrenzenden Alb-Donau-Kreis.

Beim Multinationalen Kommando Operative Führung in der Wilhelmsburg-Kaserne in Ulm sind derzeit rund 500 Soldaten und Soldatinnen tätig, so ein Sprecher - darunter mehr als 50 Frauen. Langfristig wolle man ihren Anteil deutlich erhöhen, am liebsten verdoppeln. Aber das brauche Zeit, glaubt Verena Haggenmiller.

Baden-Württemberg

Jetpilotin Nicola Winter | 11.11.2024 Pilotin der Bundeswehr gibt Tipps bei Stress und Angst: So bewältigt ihr Krisen

Stress und Ängste kennen wir alle. Als Jet-Pilotin musste Nicola Winter schnell lernen, damit umzugehen. Sie verrät, wie sie Ruhe bewahrt in Zeiten der Krise.

Leute SWR1 Baden-Württemberg

Pfullendorf

In die Rolle einer Soldatin schlüpfen "Girls'Day" in der Staufer-Kaserne Pfullendorf

Am "Girls'Day" sollen Mädchen Einblicke in verschiedene Berufe bekommen – frei von Geschlechterklischees. Rund 30 junge Frauen besuchten am Donnerstag die Staufer Kaserne in Pfullendorf.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent. 

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.