Die Ständige Impfkommission (STIKO) prüft momentan, ob sie Auffrischungsimpfungen für alle empfehlen wird. Es gebe Daten aus internationalen Studien, die dafür sprächen, sagte der STIKO-Vorsitzende und Ulmer Virologe Professor Thomas Mertens.

Mertens empfiehlt Booster-Impfung für Risikogruppen
Derzeit rät die STIKO allen über 70-Jährigen sowie Risikogruppen zur Auffrischung, wenn die zweite Impfung sechs Monate her ist. Mertens nannte im "ZDF heute-journal" bestimmte Risikogruppen, für die eine sogenannte Booster-Impfung sehr wichtig sei.
Das betreffe vor allem Menschen, die ansonsten schwer erkranken könnten, wenn sie sich wieder infizieren. Es sind demnach außerdem Menschen, die ein gestörtes Immunsystem haben und nicht normal immunologisch auf eine Infektion reagieren. Und dann gibt es solche mit bestimmten Vorerkrankungen. Eine Booster-Impfung für alle sieht der Virologe momentan allerdings nicht.
"Es ist, glaube ich, unpraktikabel (...), dass man jetzt der gesamten Bevölkerung auf einen Schlag eine dritte Impfung angedeihen lässt."
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Rechtlich möglich wäre die dritte Impfung laut Bundesgesundheitsministerium bereits jetzt für alle ab einem Alter von zwölf Jahren. Angesichts steigender Inzidenzzahlen und der erforderlichen Booster-Impfungen will das Land Baden-Württemberg die Zahl der mobilen Impfteams erhöhen.
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Übertragung des Coronavirus vermindern
Für den Ulmer Virologen sei es keine Überraschung gewesen, dass sich vollständig Geimpfte erneut infizieren und auch andere anstecken können. Das sei schon vor der Zulassung des Impfstoffes durch Studien bekannt gewesen, erklärte Mertens. Die Impfung schütze vor allem vor schweren Erkrankungen. Die Schutzwirkung da sei sehr gut.
Die STIKO prüft demnach derzeit intensiv, inwieweit sich durch eine dritte Impfung sehr vieler Menschen - unabhängig von Alter und Risiko - die Übertragung des Virus vermindern lässt. Dabei arbeitet die Kommission auch mit ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammen.
Man müsse allerdings schauen, was von den Erkenntnissen auf Deutschland anwendbar sei, sagte Mertens im Interview mit dem "ZDF heute-journal". Beispielsweise bekommen in Israel weit mehr Menschen bereits eine dritte Impfung. Israel habe allerdings die beiden ersten Impfungen auch innerhalb von 21 Tagen verabreicht, erklärte der Ulmer Virologe.
Entwicklung der Pandemie - Impfquote zu gering
Eine dritte Impfung ist nur bei denjenigen möglich, die die beiden ersten bekommen haben. Und da sei die Impfquote immer noch zu niedrig. Wie sich die Pandemie entwickelt, hänge auch von mehr Impfungen ab.
Ob oder dass die Entscheidung, sich impfen zu lassen, jedem Einzelnen und jeder Einzelnen überlassen bleibt, ist laut Mertens kein wissenschaftliches Problem. Diese Frage müsse politisch entschieden werden.
"Es ist eine Entscheidung, die wir als Volksgemeinschaft letztlich über unsere gewählten Volksvertreter treffen müssen."
Wann ist die Pandemie vorbei?
Das Coronavirus wird laut Mertens auch noch in den nächsten Generationen eine Rolle spielen. Ob als Pandemie - das sei eine Definitionsfrage. Vermutlich wird es irgendwann als endemisches Virus bezeichnet werden. Das ändere nichts am Sachverhalt, aber zumindest die Terminologie.