Etwa ein Jahr lang hat sie an der Statue gefeilt, gemeißelt, gefräst und geflext. Dass die Stadt kein Interesse an dem größten Engel aus Marmor in Baden-Württemberg hat, empfindet sie nicht als Enttäuschung.
"Nein, also mein Ziel war, die Skulptur zu schaffen. Da ist gar nichts enttäuschend."
Die Figur sei zu groß, zu schwer, es gebe keinen Platz und Heidenheim sei nicht die Stadt der Engel, sagt die Stadtverwaltung.
Unterstützt wird Veronika Bianchi von ihrem Lebensgefährten Johannes Moser, der auch Steinbildhauermeister ist und den 130 Jahre alten Familienbetrieb führt. Veronika Bianchi lässt sich nicht entmutigen. Es entsteht trotz aller Widrigkeiten schon der nächste Engel. Die neue Skulptur ist sogar noch größer als die alte, sie wird über drei Meter hoch - ohne Sockel.
Schon das nächste Großprojekt in Arbeit
Ihr Arbeitsmaterial - Carrara-Marmor - ist nicht ganz billig. Der Engel kostet etwa 150.000 Euro. Das Geld für das Rohmaterial hat sie für ihren Traum selbst investiert. Der Marmor kommt aus demselben Steinbruch, aus dem schon Michelangelo seine Steine holte. Der Steinblock des neuen Engels hatte 16 Tonnen gewogen, übrig sind nun noch etwa drei Tonnen.
"Ich nutze ich immer den Carrara-Marmor, weil ich ihn am schönsten finde."
Bianchis Engel hat seine Flügel geöffnet. Auffällig: Das filigrane Gesicht mit einem warmen Lächeln. Die Hände sind zierlich und offen – so als wolle der Engel entgegenkommende Menschen begrüßen. Fällt Sonnenlicht auf seine Oberfläche, leuchtet der Engel und glitzert sogar.

Die Musterung des Marmors schimmert dann auch durch. Ein Spiel von Licht und Schatten. Bianchi beherrscht Techniken, die kaum noch weitergegeben werden, sagt der Bildhauer und Lebensgefährte Johannes Moser.
"In unserer Branche gibt es fast keine Steinmetze oder Bildhauer mehr, die das können, was Veronika kann."

Die Arbeit am Stein ist sehr anstrengend, gerade für die eher zierliche gebaute Künstlerin. Wenn man zu lange klopft und fräst, bekommt man Schmerzen an den Händen und am Rücken, sagt Bianchi. So lange sie körperlich fit sei, wolle sie die Zeit nutzen, um noch "viele schöne Kunstwerke" zu erschaffen.