Seit 11. Dezember halten Regionalzüge in Merklingen, oben auf der Laichinger Alb. Sogar der schnellste Regionalzug Deutschlands, mit seinen 200 Kilometern pro Stunde. Viele Menschen, vor allem Ältere, fremdeln aber noch damit, ganz selbstständig von Zuhause aus mit Bus und Bahn nach Ulm, Stuttgart oder Tübingen zu fahren. Sie alle hatten am Montag Gelegenheit, zu trainieren: Einmal Laichingen-Ulm und zurück. Zwei Lotsinnen begleiteten sie.
Der Bahnhof Merklingen als Start in die weite Welt
Morgens, 10 Uhr am Laichinger Busbahnhof. Eine Gruppe Senioren umringt eine Frau in oranger Warnweste: Gabriele Reulen-Surek. Sie und ihre Kollegin lotsen die Anfänger heute nach Ulm. Reulen-Surek preist die neue Bahnstrecke an: "Wir haben jetzt einen Bahnhof in Merklingen, der uns eigentlich mit der ganzen Welt verbindet."

Die Seniorinnen sind froh über die Trainingsfahrt. Die eine betont, sie möchte mobil bleiben, die andere mit ihren 80 Jahren langsam nicht mehr mit dem Auto nach Ulm fahren. Mit dem Zug sei es viel entspannter. Zumal die Fußgängerzone sowieso in Bahnhofsnähe sei.
Zwei Frauen haben ihre erste Busfahrt schon hinter sich, vom Teilort Feldstetten nach Laichingen. Sie sind noch ganz "durch den Wind" - der Busfahrer hat ihnen kein Ticket verkauft. Eine der beiden sagt: "So ein ganz komisches Gefühl, wenn man das erste Mal in 80 Jahren schwarz fährt. Da ist einem sehr unwohl."
Die Bahn-App funktioniert nicht für Bustickets im DING-Bereich
Die Fahrkarten-App des Donau-Iller-Verkehrsverbunds (DING) hatten sie nicht auf dem Handy. Mit der Bahnapp hätten sie nur ein Ticket für den Zug, nicht für den Bus kaufen können. Fahrkartenautomat? Gibt‘s in Feldstetten nicht. Auch nicht in Laichingen. Ein Manko, findet Gabriele Reulen-Surek. Sie will der Gruppe trotzdem zeigen, wie man ohne App nach Ulm kommt. Am Automaten im Bus kauft sie gleich die Tickets. Doch: Der Automat im Bus will nicht. Die Lotsin warnt, es könnte eng werden am Merklinger Bahnhof, weil sie nun dort die Tickets kaufen müssen. Vielleicht verpassen sie den Zug.
Aufwärmen im Klo?
Ein eisiger Wind bürstet am Bahnhof bei minus fünf Grad die Gruppe. Einen warmen Unterschlupf gibt es nicht. Nur eine Toilette oder den Vorraum des Bankomaten. Aber - da sind die Tickets. Schnell zum Gleis! Noch drei Minuten!
Aus zehn Minuten Zugfahrt werden zwanzig
Drinnen wundert sich ein Mann gerade noch, dass er sich nicht anschnallen muss wie beim Auto - dann wird’s schon dunkel. Der Albabstiegstunnel. Kurz drauf: Außerplanmäßiger Halt im Tunnel. Die Senioren entdecken ein Schild mit den Fluchtwegen. In Richtung Alb hoch sind es 350 Meter bis zum Notausgang, Richtung Ulm 150 Meter. Man entscheidet sich gemeinsam, im Zweifelsfall Richtung Ulm zu rennen. "Geht bergab."

Nach zehn Minuten Fahrt plus zehn Minuten Verspätung: Final destination - Ulm! Jetzt übt die Gruppe noch am Fahrkartenautomaten und dann geht’s zur Übung mit der Straßenbahn zur Uniklinik hoch. Gemeinsam. Alleine traut sich noch keiner zu fahren.