Nach dem tödlichen Angriff auf eine 14-jährige Schülerin in Illerkirchberg hat die Staatsanwaltschaft Ulm nun Anklage erhoben.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa  Bernd Weißbrod)

Mordanklage nach Messerattacke

Illerkirchberg: Mutmaßlicher Täter wollte wohl Pass erpressen

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Kristina Priebe
Kristina Priebe (Foto: SWR)

Die Staatsanwaltschaft Ulm hat im Fall der getöteten 14-Jährigen in Illerkirchberg Anklage erhoben. Wie jetzt bekannt wird, hatte der Verdächtige aber eine andere Tat geplant.

Im Fall der im Dezember in Illerkirchberg (Alb-Donau-Kreis) getöteten 14-Jährigen hat die Ulmer Staatsanwaltschaft jetzt Anklage erhoben. Dem tatverdächtigen 27-jährigen Mann aus Eritrea werden Mord und versuchter Mord vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft hat erste Details zum Motiv bekannt gegeben.

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Tatverdächtiger wollte Pass erzwingen

Laut der Mitteilung der Staatsanwaltschaft soll der Tatverdächtige am Tattag Anfang Dezember vergangenen Jahres den Entschluss gefasst haben, mit einem Messer bei der Ausländerbehörde im Landratsamt des Alb-Donau-Kreises in Ulm die Ausstellung eines Passes zu erzwingen. Als er das Haus in Illerkirchberg verließ, soll er das Messer in die Jackentasche gesteckt haben, um es in der Behörde griffbereit zu haben. Als die beiden Mädchen in diesem Moment vorbeiliefen, sei er davon ausgegangen, dass sie das Messer gesehen haben.

13-Jährige überlebte nur knapp

Um zu verhindern, dass sie die Polizei verständigen, soll er beschlossen haben, die 13-Jährige und die 14-Jährige zu töten. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 27-Jährige die Mädchen mit dem Angriff überrascht hat. Erst habe er auf die 13-Jährige eingestochen, die nur überlebt habe, weil ein Stich von einer Rippe abgelenkt wurde.

Eine verschlossene Tür, ein heruntergekommenes Gebäude. Die Flüchtlingsunterkunft in Illerkirchberg ist mittlerweile geschlossen. Das Haus soll abgerissen werden.  (Foto: SWR, Markus Bayha)
Die Flüchtlingsunterkunft in Illerkirchberg ist mittlerweile geschlossen. Das Haus soll abgerissen werden.

Während die 13-Jährige fliehen konnte, wurde die 14-Jährige zu Boden gestoßen, wo der Tatverdächtige mehrfach auf sie eingestochen haben soll. Das Mädchen wurde tödlich verletzt. Der 27-Jährige soll im Anschluss an die Tat versucht haben, sich selbst zu töten.

Tatverdächtiger wohl schuldfähig

Die Staatsanwaltschaft Ulm wertet den Angriff als Mord und als versuchten Mord mit gefährlicher Körperverletzung. Sie wirft dem Mann Heimtücke und die Tötung zur Ermöglichung einer anderen Straftat vor. Der Tatverdächtige räumte die Tötung der 14-Jährigen bereits ein, an den Angriff auf die 13-Jährige könne er sich nicht erinnern. Eine vorläufige psychiatrische Einschätzung geht davon aus, dass der Mann schuldfähig ist. Der 27-Jährige befindet sich weiter in Untersuchungshaft. Sollte er wegen Mordes verurteilt werden, droht ihm eine lebenslange Haftstrafe. Ein Termin für die Verhandlung steht noch nicht fest.

Bürgermeister und Landratsamt erschüttert

Illerkirchbergs Bürgermeister Markus Häußler (parteilos) zeigte sich nach Bekanntwerden des Motivs erschüttert. "Schlimm macht es auch, dass man jetzt sagen muss: Die Mädchen waren einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort." Genauso unerträglich sei es sich vorzustellen, was passiert wäre, wenn der mutmaßliche Täter im Landratsamt angekommen wäre.

Die Mitarbeitenden der Ausländerbehörde im Landratsamt des Alb-Donau-Kreises seien geschockt, sagte Sprecherin Daniela Baumann: "Die Möglichkeit, dass sie das Ziel dieser geplanten Tat gewesen wären, löst natürlich Ängste aus. Wir sind jetzt dabei, zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Umgang mit dieser Nachricht zu reflektieren." Außerdem würden die Sicherheitsmaßnahmen überprüft, wobei in der Ausländerbehörde des Landratsamtes bereits Sicherheitspersonal im Einsatz sei.

Tat sorgte für Debatte über Asylpolitik

Die Attacke hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Eltern der beiden Mädchen hatten dazu aufgerufen, die Tat nicht für Hetze zu instrumentalisieren. Dem schlossen sich viele Politiker an. Es gab aber auch Kritik an der deutschen Asylpolitik. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach sich damals dafür aus, bestimmte Täter abzuschieben.

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