Mit einem Festgottesdienst hat der Münsterbauverein Ulm am Montagabend sein 100-jähriges Bestehen gefeiert. Der Verein hat viel für das Münster geleistet - ohne ihn sähe das große Kirchengebäude anders aus.
Das Faszinierende an diesem Fenster ist, dass, selbst wenn das Münster fast dunkel ist, selbst noch am Abend, dieses Fenster leuchtet.
Wie sieht Gnade aus? Diese Frage ist eine Herausforderung für einen Künstler wie Thomas Kuzio. Er hat ein Fenster im nördlichen Seitenschiff des Münsters zu diesem Thema gestaltet. Es enthält kreisförmige, strahlende Elemente. Von dem Fenster geht eine besondere Kraft aus, sagt Prälatin Gabriele Wulz.
"Das Faszinierende an diesem Fenster ist, dass, selbst wenn das Münster fast dunkel ist, selbst noch am Abend, dieses Fenster leuchtet", meint die Prälatin. Es ist das sechste Fenster einer ganzen Serie. Allein das Gnadenfenster hat 450.000 Euro gekostet.

Die Finanzierung hat der Münsterbauverein Ulm übernommen - und in diesem Fall der Vorsitzende Eduard Schleicher, Chef des Ulmer Zementherstellers Schwenk, gemeinsam mit der Industriellenfamilie Eychmüller. Schleicher betont, dass das Ulmer Münster immer eine Bürgerkirche war. "Wie das wirkt, wenn man als Ulmer geboren ist und hier leben darf! Was hier an Bindungen der Bürger stattfindet, ist unglaublich viel."
Ulmer Münsterbauverein sorgt für Stabilität
Angefangen hat der Münsterbauverein vor 100 Jahren, weil die Kirche in einem ziemlich desolaten Zustand war: Der Turm war eigentlich viel zu schwer für den instabilen Untergrund. Also wurde ein Spannanker installiert, ein metallenes Gestänge, das verhinderte, dass das Gemäuer auseinanderdriftete. Finanziert vom Verein. Die Köpfe dahinter waren die Industriellenfamilien der Stadt: Magirus, Eychmüller, Kässbohrer, Schwenk und Schleicher.

Vieles, was heute zu den vertrauten Anblicken im Münster gehört, wurde vom Münsterbauverein unterstützt oder ganz bezahlt. Um nur einige Positionen zu nennen: Neue Fenster in der Nachkriegszeit, die modernen Fenster der vergangenen Jahre, fünf neue Glocken, die Hauptorgel, später auch die Chororgel und jede Menge Restaurierungen, etwa die des Hauptturms.
Heidi Vormann, die Münsterbaumeisterin, spricht von einer "wunderbaren Zusammenarbeit". Und besonders beeindruckend findet sie die Zurückhaltung der Vereinsmitglieder. Sie arbeiten "im Verborgenen - nicht geheim, aber ganz im Stillen", so Vormann. "Für uns als Bauhütte unbezahlbar!"

Münsterbauverein begreift sich als "schnelle Eingreiftruppe"
Nicht nur die Summen, die fließen, sind Gold wert für die Münsterbauhütte. Es ist auch die Geschwindigkeit, mit der der Verein in der Lage ist, Geld zu überweisen. Das liege an der Größe des Vereins, sagt Eduard Schleicher. Mit zwei Vorständen und nur rund einem Dutzend überwiegend vermögenden Mitgliedern sei man sehr schlagkräftig.
Eine so schnell verfügbare finanzielle Eingreiftruppe, das ist was Besonderes. Da bin ich auch stolz drauf.
Die Entscheidung, ob Geld fließt, muss nicht erst viele Gremien passieren, sondern geschieht auf Zuruf. Ist ein Ansinnen der Münsterbauhütte nachvollziehbar, wird überwiesen. "Wir sind unglaublich schnell in der Umsetzung", meint Schleicher. "Eine so schnell verfügbare finanzielle Eingreiftruppe, das ist was Besonderes. Da bin ich auch stolz drauf", strahlt Eduard Schleicher.

In den vergangenen hundert Jahren sind Millionenbeträge ans Münster gegangen, angefangen in Reichsmark in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es neue Glocken, bezahlt in D-Mark. Bis heute sind alles in allem 15 Millionen Euro geflossen, der größte Teil übrigens in den vergangenen 25 Jahren.
Auch wenn hinter dem Verein sicher sehr vermögende Menschen stehen, es geht auch kleiner: "Jeden Monat kriegen wir eine fünf Euro Spende von einer Pizzeria", erzählt Schleicher. "Da freue ich mich wahnsinnig. Der denkt an uns. Der weiß genau, wie wertvoll das Münster als Wahrzeichen von Ulm auch für ihn ist. Und das macht Spaß, das motiviert auch mich, hier weiterzumachen."
Münsterbauverein finanziert Erhalt und Zukunftsprojekte
Entsprechend lang ist die Liste der aktuellen und künftigen Projekte. Der Münsterbauverein unterstützt die Restaurierung des Hauptschiffes und der metallenen Tore. Geld fließt ebenso in eine Sensorik, mit der die Feuchtigkeit im Münster besser kontrolliert werden soll. Außerdem wird mit Hilfe des Vereins das Hauptschiff vollständig gescannt, mit den Bildern soll dann ein virtueller Flug durchs Münster möglich sein.
Auch wenn die akute, schnelle Hilfe den Schwerpunkt bildet, gibt es schon jede Menge Pläne für die kommenden Jahre. Denn eines ist sicher: Das Ulmer Münster bleibt auch künftig eine Baustelle.