Seit über einem Monat fliehen viele Menschen vor dem Krieg in der Ukraine. Immer mehr Geflüchtete kommen auch nach Baden-Württemberg. Da die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ohne Visum einreisen können, ist die tatsächliche Zahl aber wohl deutlich höher, als offiziell bekannt. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach bei der Regierungspressekonferenz am Dienstag von 35.000 geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern, die bereits in Baden-Württemberg seien.
Noch 5.000 freie Plätze in den Landeserstaufnahmestellen in BW
Viele der Geflüchtete seien bei Freunden oder Verwandten untergekommen. Das erklärt auch die Differenz zur Zahl der etwa 10.000 Ukrainerinnen und Ukrainer, die in baden-württembergischen Landeserstaufnahmestellen (LEAs) registriert wurden. Rund 4.000 von ihnen befinden sich derzeit noch in den LEAs. Dort stehen insgesamt 12.000 Plätze zur Verfügung. Das sei fast eine Verdoppelung der Kapazitäten, sagte Kretschmann. Allerdings befinden sich in den LEAs auch Flüchtlinge anderer Nationen, so dass es derzeit noch rund 5.000 freie Plätze gibt.
Einen genauen Blick auf die Situation in den Landeserstaufnahmestellen in Baden-Württemberg gibt es in diesem Video vom 28. März 2022:
Da die Geflüchteten aus der Ukraine wegen ihres Sonderstatus die Möglichkeit hätten, sich "direkt auf dem Wohnungsmarkt umzuschauen", sieht Wohnungsbauministerin Nicole Razavi (CDU) dennoch "großen Handlungsbedarf", gerade bei den Sozialwohnungen. Es dürfe auf keinen Fall einen weiteren Verdrängungswettbewerb unter den Schwächsten in der Gesellschaft geben. Eine Möglichkeit könnte daher sein, kurzfristig Wohnungen in Gewerbegebieten zu schaffen. Dafür brauche es eine Sonderregelung für Kommunen.
Auf die Frage, ob nun der Zeitpunkt gekommen sei, auf Energielieferungen aus Russland zu verzichten, wich Kretschmann aus. "Diese Entscheidung steht nicht in meinem Kompetenzbereich", sagte er. Allerdings sei es eine schwierige Abwägung, da die Folgen für die Wirtschaft enorm seien. "Das hätte schwerwiegende Konsequenzen auf die ganzen industriellen Prozesse", sagte der Regierungschef und ergänzte mit Blick auf mögliche Entscheidungen des Bundes: "Ich trage die Dinge, die sie dort entscheiden, loyal mit."
"Wir müssen uns alle auf Wohlstandsverluste einstellen"
Ohnehin müsse man damit rechnen, dass das wirtschaftliche Wachstum gebremst werde. "Wir müssen uns alle auf Wohlstandsverluste einstellen", sagte Kretschmann. Der Staat werde nicht alle Verluste auffangen können. Die Auswirkungen des Krieges "werden auf viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte unsere gesamte Weltordnung dramatisch ändern".