
Vor ziemlich genau zehn Jahren, am 28. Dezember 2010, hoben zwei Spezialkräne eine Grabkammer aus der gefrorenen Erde im Donautal, ein paar Kilometer südlich des frühkeltischen Fürstensitzes Heuneburg bei Herbertingen (Kreis Sigmaringen). Anschließend brachte ein Tieflader den 80 Tonnen schweren Block mit der Größe einer Doppelgarage in ein Labor des Landesamtes für Denkmalpflege. Archäologen hatten das vier mal fünf Meter große Grab einer Keltenfürstin und einer Dienerin entdeckt. Es enthielt sehr gut erhaltene Beigaben aus Gold, Bernstein und Bronze.
Hölzer erlauben exakte Datierung
Das Team des Chefarchäologen des Landesamts, Dirk Krausse, hatte einen wahren Schatz gehoben. Es war das bisher einzige Grab aus der Blütezeit der Kelten von der Heuneburg, das nicht ausgeraubt war. Die Hölzer waren so gut erhalten, dass man das genaue Jahr der Bestattung bestimmen konnte, so Krausse. Die Fürstin war demnach 583 vor Christus beigesetzt worden.
Aristokratische Dynastie
Die Frau war Mitte 30, als sie starb. Sie stammte aus der Gegend, wie Zahnschmelz-Untersuchungen ergeben haben. Die junge Frau hat den Bau der einzigartigen Lehmziegelmauer der Burganlage miterlebt und war Teil einer aristokratischen Dynastie, wie Funde aus einem benachbarten Mädchengrab nahelegen.
Kunsthandwerker aus Italien
Ihren aufwändigen Schmuck, das Brustkollier aus fein ziselierten Goldkugeln und Perlen aus Bernstein, den bandförmigen Ohrring und die Gewandspangen aus Gold haben Kunsthandwerker auf der Heuneburg gefertigt. Auf Grund der angewandten Techniken und der Ornamente dürften sie aus Italien oder von der Iberischen Halbinsel gekommen sein, vermutet Prof. Krausse.
Heuneburg als Handelszentrum
Die Heuneburg war international vernetzt, eine Drehscheibe des Handels. Der Bernstein kam von der Ostsee, das Material für die schwarzen Armringe, Ölschiefer oder Blackstone, aus Südengland. Die reichen Beigaben zeugen von der hohen Stellung der jungen Frau.
Heilerin oder keltische Priesterin
Sie hatte womöglich eine besondere Aufgabe, meint Chefrestauratorin Nicole Ebinger. Die Spezialistin fasziniert ein besonderer Ensemblefund von 15 Stücken, darunter ein Bergkristall, ein gebänderter Feuerstein, Fossilien, womöglich Amulette. Vielleicht war sie eine Heilerin und man gab ihr ihre magischen Steine mit ins Grab.
Pferde als Leidenschaft der Kelten
Nicole Ebinger hat in jahrelanger Detailarbeit mit ihrem Team die vielen Fundstücke geborgen und restauriert. Die passionierte Reiterin war es auch, die den entscheidenden Hinweis auf die Funktion eines Bronzeblechs gegeben hat. Es erwies sich als Stirnpanzer eines Pferdes, das zu einem aufwändigen Zaumzeug mit Glöckchen und Eberzähnen gehört. Den Beweis dafür lieferte eine dreidimensionale CT-Aufnahme eines eingegipsten Blocks mit Funden, in dem Reste einer Trense zu sehen waren. So ein Stirnpanzer sei für diese Zeit ungewöhnlich nördlich der Alpen, meint Ebinger. Die Fürstin muss wie die Restauratorin ein Pferdefan gewesen sein.
Weitere keltische Grabkammer
Nicole Ebinger hat in den vergangenen zehn Jahren viel gelernt, zum Beispiel über das Zusammenspiel der gefundenen Materialien, der Wirkung von Wasser auf die verschiedenen Metalle, Textilien und Holz. Das Wissen kann sie nun sehr gut gebraucht. Denn im Moment ist sie mit ihrem Team dabei, eine weitere keltische Grabkammer aus dem Donautal unterhalb der Heuneburg zu untersuchen. Im Oktober hatten Spezialkräne nochmals eine benachbarte Grabkammer aus dem Boden gehoben. Erste Funde sind vielversprechend. Die Archäologen erhoffen sich weitere Hinweise über die Fürsten von der Heuneburg.