Betreiber weisen Vorwürfe zurück

Diskriminierung beim Einlass? Tübinger Club in der Kritik

Stand

Von Autor/in Judith Hüwelmeier

Ein Tübinger Nachtclub soll mehrere Männer aufgrund ihrer Hautfarbe abgewiesen haben, so die Antidiskriminierungsberatung Tübingen. Sie habe einen Test an der Clubtür gemacht.

Feiern gehen, Spaß haben mit Freunden: So wollte Alagie Jaiiteh eigentlich die Nacht verbringen. Stattdessen hätten ihn die Türsteher eines Tübinger Nachtclubs abgewiesen - und das nicht zum ersten Mal, erzählt der 28-Jährige dem SWR. An mehr als zehn Abenden habe er sich angestellt, reingekommen sei er nur einmal. Er sei beim Einlass aufgrund seiner Hautfarbe diskriminiert worden - eine Erfahrung, die er auch mit anderen Clubs gemacht habe.

Er wendete sich deshalb an die Antidiskriminierungsberatung adis e.V. in Tübingen. Als Antidiskriminierungsberater arbeitet dort Fars Andeghergis. Er sagte dem SWR, mehrere Menschen hätten sich bei ihm über diesen Club, aber auch über andere beschwert. Das Problem sei bekannt. Die Beratungsstelle vermutet eine rassistische Auswahl an der Tür. Die Vorwürfe wiegen schwer.

Verdeckter Test soll Rassismus-Vorwürfe überprüfen

Die Beratungsstelle wollte dem in einem verdeckten Versuch nachgehen, erzählt Andeghergis. Er organisierte den Test, an dem eine Gruppe von elf Menschen teilgenommen habe, darunter acht Schwarze und drei weiße Männer.

In Zweiergruppen seien die Männer aus unterschiedlichen Richtungen gekommen und hätten mindestens 15 Minuten vergehen lassen, bis sich das nächste Duo in der Schlange einreihte. Dadurch hätten sie verhindern wollen, als Gruppe identifiziert zu werden, so Andeghergis.

"Uns war wichtig, dass es keinen Anlass gibt, nicht in den Club reinzukommen. Alle waren ganz normal angezogen, hatten keinen Alkohol getrunken", beschreibt Andeghergis den Ablauf des Tests gegenüber dem SWR.

Alagie Jaiiteh vor einem Tübinger Nachtclub. Mehrere Schwarze Männer werfen dem Club vor, sie wegen ihrer Hautfarbe nicht hereingelassen zu haben.
Mehr als zehn Mal sei er von den Türstehern eines Tübinger Nachtclubs abgewiesen worden, sagt Alagie Jaiiteh.

Das Fazit, so erzählte es Andeghergis: Die weißen Männer seien problemlos in den Club gekommen, die Schwarzen nicht. "Als wir das jetzt konkret erlebt haben, wie dann eben alle Schwarzen nicht reingekommen sind, waren wir dann auch ein bisschen überrascht, dass es so kategorisch war", sagte Andeghergis.

Betreiber weisen Vorwürfe zurück

Die Betreiber des Clubs weisen die Vorwürfe zurück. An dem Abend seien 150 Menschen nicht reingekommen – davon mehr als hundert weiße Männer, so einer der Betreiber im Gespräch mit dem SWR. Seit eine Zeitung über den Test berichtet hat, werde er auf der Straße beschimpft und sein Laden beschmiert. Schriftlich äußert der Club:

"Unsere Einlasspolitik erfolgt nicht im Geringsten nach Hautfarbe oder Herkunft, sondern nach Auftreten, Kommunikation und Gesamteindruck […] Unser vielfältiges Publikum und Team spiegeln das deutlich wider! Wir haben diese Thematik ausführlich besprochen und persönlich sensibilisiert".

Fars Andeghergis von adis e.V. bleibt erstmal skeptisch. Letztlich müsse sich in der Praxis zeigen, ob sich die Türpolitik für Schwarze Menschen wirklich ändern werde, so Andeghergis.

Wer muss einen Ausweis zeigen?

Alagie Jaiiteh, ebenfalls unter den Testpersonen, habe mit seinem Kollegen das erste Duo gebildet, das sich an dem Abend des Tests in die Schlange des Clubs stellte, erzählte er. Beide hätten ihren Ausweis vorzeigen müssen, während die Personen vor ihnen in der Schlange einfach so reingekommen seien. Auf Nachfrage, warum ausgerechnet er seinen Ausweis zeigen müsse, sei es zu einer Diskussion mit dem Türsteher gekommen, so Jaiiteh.

Auch Andeghergis, der den Test nach eigenen Angaben beobachtete, sagte, die weißen Probanden seien an jenem Abend ohne Ausweiskontrolle in den Club gekommen, die Schwarzen hätten ihre Ausweise hingegen vorzeigen müssen und seien letztlich alle abgewiesen worden.

Einer der Betreiber des Clubs erklärte im Gespräch mit dem SWR, Ausweiskontrollen seien die Regel. Die Personen, die ohne Ausweiskontrolle reingekommen seien, hätten bereits einen Stempel gehabt, der anzeige, dass sie schon vorher im Club gewesen seien. Mit dem Stempel dürfe man ohne Ausweiskontrolle wieder in den Club hinein.

Fars Andeghergis und Alagie Jaiiteh vor einem Tübinger Nachtclub. Mit einem Test wollte die Antidiskriminierungsberatung Tübingen hier die Vorwurf einer rassistischen Türpolitik überprüfen.
Letztlich müsse sich in der Praxis zeigen, ob sich die Türpolitik für Schwarze Menschen wirklich ändern werde, so Fars Andeghergis (links im Bild).

Zudem machten seine Securitymänner den Job seit Jahren, so der Betreiber. Sie hätten nach der Diskussion mit den ersten beiden Probanden erkannt, dass alle Männer zu ein- und derselben Gruppe gehörten. Im Schwäbischen TAGBLATT, das zuerst über die Geschichte berichtet hatte, sagte der Betreiber: "Unser erfahrenes Security-Team entschied in der Situation, diese weiteren Gäste nicht einzulassen, da sie die Situation als zusammengehörig und provozierend einschätzten".

​Fars Andeghergis hält diese Erklärung für unplausibel: "Dass die Gruppe zusammengehört hat, konnte gar nicht festgestellt werden, weil sich die Probanden als einzelne Gäste vor den Club gestellt haben und aus unterschiedlichen Richtungen gekommen sind", so Andeghergis. "Sie waren gar nicht zusammenzubringen - außer über ihre Hautfarbe".

Ganz ist ihm die Lust am Feiern nicht vergangen – auch in Zukunft will Alagie Jaiiteh gerne in Clubs gehen, sagte er.

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