
Seit Corona suchen immer mehr verzweifelte Eltern Hilfe in einer Selbsthilfegruppe für Eltern suchtkranker Kinder. Das berichtet der Bundesverband der Elternkreise suchtgefährdeter und suchtkranker Söhne und Töchter mit Sitz in Grosselfingen (Zollernalbkreis). Kein Kontakt zu Freunden wegen der Ausgangssperren, keine Tagesstruktur, oft auch Entzugserscheinungen: Die Abhängigen kamen nicht mehr so einfach an Drogen oder andere Suchtmittel. Diese Situation habe bei vielen Suchtkranken zu Aggressivität und nicht selten zu Gewalt in den Familien geführt.
Aus dem SWR-Büro Albstadt berichtet Julia Klebitz:
Eine Mutter berichtet im SWR über dramatische Szenen
Eine Mutter, die regelmäßig die Elterngruppe im Zollernalbkreis besucht, erzählte im Gespräch mit dem SWR von dramatischen Szenen: "Zuhause wurde die Gewalt und Aggressivität unseres Sohnes immer schlimmer. Er war im Suchtdruck, hat auf sich aufmerksam gemacht durch Gewaltattacken. Die Möbel wurden zerschlagen.
Er hat sich einmal sogar die Hand gebrochen an der Wand, weil er so aggressiv war". Mit 13 habe der Sohn angefangen Drogen zu nehmen. Mittlerweile ist er 19. Einmal habe der junge Mann auch seinen Vater angegriffen. Die Mutter sei weinend und schreiend auf die Straße geflüchtet, erzählt sie. In der Klinik gab man den Eltern Notfallmedikamente - Beruhigungsmittel. Mit denen ging es dem heute 19-Jährigen zwar kurzzeitig besser, er wurde aber tablettenabhängig.
Wenn der junge Mann gemerkt habe, dass seine Eltern unter der Situation leiden, habe er noch mehr konsumiert. Aus Schuldgefühl. Der junge Mann ist ein Beispiel für viele, die unter der Einsamkeit während der Pandemie besonders litten, denen die gewohnte Tagesstruktur besonders fehlte.

Weitere Elternkreise wären nötig
In den vergangenen Wochen hat der Bundesverband der Elternkreise zwei neue Gruppen in Sigmaringen und Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) mitgegründet. In die schon bestehenden würden immer mehr Eltern kommen. Laut Barbara Gillmann von der Geschäftsstelle wären weitere Gruppen nötig. Dafür allerdings sei man auf Ehrenamtliche angewiesen. Der Verband hofft, dass sich die Situation nach dem Ende der Einschränkungen langsam bessert. Positiv sieht Gillmann es, dass viele Eltern im Lockdown überhaupt erst von der Sucht ihrer Kinder erfahren haben, weil diese den ganzen Tag Zuhause waren.