Geflüchtete Menschen aus der Ukraine (Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Matthias Bein)

Locken die Sozialleistungen Ukrainer nach Deutschland?

Landräte Reutlingen und Tübingen: mit Geflüchteten am Limit

Stand

In den Kreisen Tübingen, Reutlingen und Zollernalb kommen immer mehr Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine an. Einige von ihnen waren davor in einem anderen EU-Land gemeldet.

Die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine nimmt auch in der Region zu. Die Landratsämter beobachten, dass unter den Geflüchteten zunehmend Ukrainer sind, die zuvor in einem anderen EU-Land gemeldet waren.

SWR-Reporterin Anne Schmidt hat darüber berichtet:

Pro Woche nimmt der Kreis Reutlingen rund 90 Geflüchtete aus der Ukraine auf. Im Juli waren es nur halb so viele. Das bringt den Landkreis an seine Grenzen. In Metzingen dient erneut eine Sporthalle als Notunterkunft für Geflüchtete. Unter ihnen sind nicht nur Ukrainer aus dem Kriegsgebiet, sondern auch Ukrainer aus anderen EU-Staaten, die beispielsweise in Italien, Polen oder Spanien sichere Unterkünfte hatten. Das beobachtet der Präsident des Landkreistages, der Tübinger Landrat Joachim Walter. Und warnt: Viele Kommunen seien an einem Kipppunkt.

Reutlinger Landrat Fiedler warnt vor wachsenden Spannungen

Auch der Reutlinger Landrat Ulrich Fiedler vermutet, dass viele Ukrainer gerade aus Ländern wie Spanien nach Deutschland kommen, weil es hier mehr Sozialleistungen gibt. Das sorge für Unmut in der Bevölkerung. "Wir kommen aus zweieinhalb Jahren Corona, die viele Menschen in unserem Land ganz besonders herausgefordert haben, in unterschiedlichster Art und Weise", sagte Fiedler. Hinzu kämen die weiteren Folgen des Ukraine-Kriegs wie die sehr hohen Energiekosten und eine hohe Teuerung. Weil Wohnungskapazitäten endlich sind und man jetzt auch Sporthallen in Nutzung nehmen müsse, führe das schon dazu, dass Spannungen wachsen, so Fiedler.

Gespräch mit Bund suchen

Fiedler schließt nicht aus, dass weitere Sporthallen als Notunterkünfte hergerichtet werden müssen. Dabei werden diese dringend für den Vereins- und Schulsport benötigt, der während der Pandemie oft ausfallen musste. Sein Tübinger Kollege Joachim Walter will nun als Präsident des Landkreistages und Vizepräsident des Deutschen Landkreistages ähnlich wie 2015 erreichen, dass die Landkreise zu einem Flüchtlingsgipfel geladen werden. Die Bundesregierung sollte sich gut überlegen, ob sie die im Juni getroffene Entscheidung des Rechtskreiswechsels nicht besser rückgängig macht, mahnt Joachim Walter. Ihm seien keine Beschwerden von Ukrainern bekannt, die sich über mangelnde finanzielle Unterstützung beklagen.

Ob an Schulen, in Kindertageseinrichtungen oder in Arztpraxen: Viele Kommunen kommen langsam an die Grenzen des Leistbaren. Die Landräte schlagen Alarm und hoffen in Berlin gehört zu werden.

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