Die Tübinger Verpackungssteuer ist nicht rechtens. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am Mittwoch entschieden. Die Mannheimer Richter gaben damit der Klage einer Tübinger Pächterin der Fast-Food-Kette McDonald's recht.
Sie war der Auffassung, die Verbrauchssteuer auf Einwegverpackungen in Tübingen verstoße gegen das Abfallrecht des Bundes. Eine Begründung des Urteils liegt noch nicht vor. Die Tübinger Stadtverwaltung kann allerdings beim Bundesverwaltungsgericht Revision gegen das Urteil einlegen.
Palmer: Urteil ist eine Enttäuschung
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) bedauerte die Entscheidung. Die Steuer habe in der Praxis funktioniert.
"Überall in Tübingen breitet sich Mehrweg aus, die Stadt wird sauberer, die große Mehrheit der Menschen ist zufrieden. Bundesweit ist es genau umgekehrt: Mehrweg wird verdrängt, die Wegwerfkultur setzt sich durch. Das Urteil ist deshalb eine Enttäuschung."
Tübingen werde die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes selbstverständlich respektieren, so Palmer. Er kritisierte aber, dass es für den Umwelt- und Klimaschutz, aber auch für das Gemeinwesen insgesamt ein Problem sei, wenn neue Wege verbaut und gute Lösungen verboten würden. Die McDonald's-Pächterin wollte sich zu dem Urteil nicht äußern.
Verpackungssteuer gilt vorläufig weiter
Der Gemeinderat muss nun entscheiden, ob er gegen das Urteil Revision einlegt. Laut Palmer spricht viel dafür, dass die grundsätzlichen Fragen abschließend geklärt werden müssten.
Mit dem Urteil ist die Verpackungssteuer in Tübingen nicht außer Kraft gesetzt. Akzeptiert der Gemeinderat das Urteil, ist sie aufgehoben. Geht die Stadt in Revision, gilt sie bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts weiter.

Ziel der Tübinger Verpackungssteuer: Weniger Müll
Seit Januar 2022 erhebt Tübingen auf alle Einwegverpackungen, egal ob aus Plastik, Pappe oder Alu, eine Steuer. Allerdings nur dann, wenn das Essen oder Trinken zum direkten Verzehr gedacht ist. Zum Beispiel werden für Teller und Becher 50 Cent fällig, für Besteck 20 Cent. Maximal sind es 1,50 Euro pro Gericht.
Die Steuer soll die Betriebe dazu bringen, Mehrweggeschirr anzubieten, damit die Müllberge kleiner und die Entsorgungskosten für die Stadt geringer werden. Nachdem die Steuer eingeführt wurde, musste nach Angaben der Stadtverwaltung in Tübingen weniger Müll eingesammelt werden.
Aus manchen Betrieben hingegen kommt laut Stadtverwaltung Kritik: Durch das häufiger genutzte Mehrweggeschirr habe die Gastronomie zusätzliche Arbeit bei der Rücknahme und Reinigung der Schüsseln und Teller. Auch das Informieren der Kundinnen und Kunden sei aufwändig.
Umwelthilfe fordert Maßnahmen gegen Einweg-Verpackungen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) auf, gegen die Einweg-Müllflut in den Städten vorzugehen. Nach dem Urteil sei klar, dass den Kommunen zur Bekämpfung der wachsenden Müllberge aus Einweg-Geschirr, Essensboxen, Getränke- und Coffee-to-go-Bechern das effektivste Lenkungsinstrument in Richtung Mehrweg bis auf weiteres nicht zur Verfügung stehe.
Die DUH forderte eine bundeseinheitliche Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-to-go-Verpackungen sowie ein komplettes Einweg-Verbot für den Vor-Ort-Verzehr.