Ab 1. Januar müssen alle, die in Tübingen Essen in Einwegverpackungen verkaufen, Steuern zahlen: Einwegverpackungen und Einweggeschirr werden mit jeweils 50 Cent netto besteuert, für Einwegbesteck beträgt die Steuer 20 Cent netto. Zahlen müssen unter anderem Gaststätten und Restaurants, Cafés und Imbissläden, Bäckereien und Metzgereien, Lebensmittelgeschäfte und Tankstellen, die Take-away-Gerichte und "Coffee to go" in nicht wiederverwendbaren Verpackungen verkaufen.
Aufklärungsfilm auf städtischer Internetseite
Um auch die Kundinnen und Kunden auf die Einführung der Verpackungssteuer aufmerksam zu machen, hat die Stadtverwaltung einen knapp zweiminütigen Film produzieren lassen. Unter dem Titel "Jedes Geschirr verdient eine zweite Chance" greift das Video das Thema Wegwerfgeschirr auf. Der Film ist auf der städtischen Internetseite sowie auf YouTube abrufbar.
Regelmäßig quellen die Mülleimer über
Der Tübinger Stadtverwaltung und ihrem Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) ist nämlich der viele Abfall schon lange ein Dorn im Auge. Regelmäßig quellen in Tübingen die öffentlichen Mülleimer über. Und nicht selten liegen Pappbecher, Pizzaschachteln und Plastikgabeln in Büschen, Parkanlagen und Straßenrinnen.
Warmer Kuchen ist steuerpflichtig, kalter nicht
Claudia Patzwahl aus der Tübinger Verwaltung erklärt, was genau unter die neue Steuer fällt. So ist zum Beispiel ein warmer Zwiebelkuchen steuerpflichtig, weil davon ausgegangen wird, dass er sofort gegessen wird, ein kalter hingegen nicht. Aber auch kalte Speisen können unter die Steuer fallen, dann nämlich, wenn die Kundschaft Besteck zum Essen wünscht.
Schon vor Jahren kam Oberbürgermeister Palmer die Idee, Einwegverpackungen für Essen in der Stadt zu besteuern. 2020 stimmte der Gemeinderat zu, dann kam Corona dazwischen. Die Stadt verschob den Start der Verpackungssteuer. Man wollte die vom Lockdown gebeutelten Gastronomen nicht zusätzlich belasten.
McDonald's will die Steuer verhindern
Jetzt startet die Verpackungssteuer mit einem Jahr Verspätung. Doch die Chefin einer Tübinger McDonald's-Filiale hat beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim einen Normenkontrollantrag gestellt.
McDonald's hält die Tübinger Steuer für unverhältnismäßig. Es könne nicht sein, dass es für jede Stadt eine lokale Insellösung gebe. Wann der Verwaltungsgerichtshof darüber verhandelt, steht noch nicht fest. Tübingen gibt sich indes siegessicher.
Konzern klagt gegen Stadt Streit um Verpackungsmüll in Tübingen: Deutsche Umwelthilfe startet Petition gegen McDonald's
Der Tübinger Weg, eine kommunale Steuer auf Einwegverpackungen einführen zu wollen, schlägt weiter hohe Wellen. Im Fokus: Das Vorgehen von McDonald's und einer Franchise-Nehmerin aus Tübingen.
Anwälte halten die Verpackungssteuer für rechtens
Eine Stuttgarter Anwaltskanzlei hat die Steuerpläne geprüft und hält sie für rechtens. Die Stadt bewege sich mit ihrer Verpackungssteuer zwar auf einem relativ neuen Feld, dennoch habe es bereits gerichtliche Verfahren auf vergleichbaren Gebieten gegeben. Man sei deshalb zuversichtlich, Tübingen erfolgreich zu vertreten.
Die Klägerin, die in Tübingen ein McDonald's-Restaurant betreibt, war bereits mit einer Petition gegen die Verpackungssteuersatzung im baden-württembergischen Landtag gescheitert.
Stadt rechnet mit mehreren hunderttausend Euro Einnahmen
Die Stadt Tübingen könnte durch die Steuer viel Geld einnehmen. Sie rechnet mit einem hohen sechststelligen Betrag. Umgekehrt hofft sie, weniger Geld für das Entsorgen von Müll in Parkanlagen und auf Straßen ausgeben zu müssen. Zuletzt waren die Kosten dafür deutlich angestiegen, allein 2018 um über 50.000 Euro.

Stadt fördert Umstellung auf Mehrwegsysteme
Die Stadt Tübingen hofft außerdem, dass viele Imbissbuden, Bäckereien, Tankstellen und Metzgereien angesichts der Steuer weitgehend auf Einwegverpackungen verzichten. Die Stadt bietet dafür Hilfe an: Wer Mehrweggeschirr kauft, bekommt bis zu 500 Euro Zuschuss. Für eine Spülmaschine gibt es bis zu 1.000 Euro. Laut Oberbürgermeister Palmer haben 70 Betriebe Fördermittel beantragt, die Summe beläuft sich auf 40.000 Euro. Laut Stadtverwaltung nutzen 131 Betriebe schon Mehrweg oder wollen das ab 1. Januar 2022 tun.