Menschen mit Einkaufstaschen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

Tag der Arbeit nicht zum Tag des Konsums machen

Gewerkschaft ver.di will gegen verkaufsoffenen Sonntag in Nagold klagen

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Luisa Sophie Klink

Der City-Verein Nagold hat den 1. Mai als verkaufsoffenen Sonntag ausgewählt. Die Gewerkschaft ver.di und die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken (SPD) sind darüber empört.

"Es beweist ein Höchstmaß an mangelnder Sensibilität ausgerechnet den 1. Mai als Tag der Arbeit für einen verkaufsoffenen Sonntag auszuwählen", heißt es in einer Mitteilung des ver.di-Bezirks Mittelbaden-Nordschwarzwald.

Nach SWR-Informationen hatte die Stadt Nagold (Kreis Calw) aufgrund der Corona-Pandemie mit verschiedenen planerischen Unsicherheiten zu kämpfen. Ein für den April geplantes Frühlingsfest wurde in den Mai verschoben. Im Rahmen dieses Festes soll auch der verkaufsoffene Sonntag abgehalten werden. Der Oberbürgermeister von Nagold, Jürgen Großmann (CDU), betonte im Interview mit dem SWR, dass der Tag ohne böse Absicht ausgewählt worden sei. "Nur der Markt ohne offene Läden bringt es nicht, es kommt auf die Summe der Aktivitäten und Öffnungen an." Es gehe gerade darum, Arbeitsplätze in Gastronomie und im Einzelhandel zu sichern, so Großmann.

ver.di: "Der Sonntag gehört der Familie und dem Hobby"

Thorsten Dossow, Bezirksgeschäftsführer ver.di Mittelfranken-Nordschwarzwald, hält im SWR-Gespräch dagegen. Die Entscheidung der Stadt sei empörend. Andere Kommunen würden in solchen Fällen zuvor ein Gespräch mit den Gewerkschaften suchen. Auf die Anmerkung hin, dass dieser Tag laut Stadt allerdings die einzige Möglichkeit für einen verkaufsoffenen Sonntag sei, antwortete er, dass die Sonntage in erster Linie der Familie und dem Hobby gehörten.

"Da sieht man, dass das Kapital auch starken einen Einfluss auf das Rathaus hat."

Er sei nicht gegen ein Frühlingsfest, sondern lediglich gegen die Öffnung des Einzelhandels im Zusammenhang mit dem Fest. Das Gesetz über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg sehe zwar grundsätzlich vor, dass Geschäfte im Zusammenhang mit örtlichen Festen geöffnet werden dürften, allerdings in engen Grenzen. Aus diesem Grund wolle die Gewerkschaft ver.di klagen.

ver.di will gegen verkaufsoffenen Sonntag gerichtlich vorgehen

Wie erfolgreich ein gerichtliches Vorgehen sein wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Tatsächlich sieht das baden-württembergische Ladenöffnungsgesetz vor, dass "aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens drei Sonn- und Feiertagen" Verkaufsstellen geöffnet werden können. Zudem ist eine vorherige Anhörung der Kirchen vorzunehmen. Dies fällt laut Gesetz allerdings beim 1. Mai und 3. Oktober weg, da es sich hierbei nicht um kirchliche Feiertage handelt.

Eine vorherige Anhörung war folglich gesetzlich nicht verpflichtend. Jedoch ist es richtig, dass die Gerichte strenge Maßstäbe an verkaufsoffene Sonntage anlegen. Erforderlich sei unter anderem eine Prognose, dass die Anlassveranstaltung mehr Besucher anziehe als die Verkaufsöffnung selbst, erklärte beispielsweise das Verwaltungsgericht Karlsruhe auf einen erfolgreichen Eilantrag von ver.di gegen einen verkaufsoffenen Sonntag im vergangenen Jahr hin. ver.di müsste also bei einem Eilantrag glaubhaft machen, dass die Menschen in erster Linie wegen des verkaufsoffenen Sonntags nach Nagold und nicht wegen des Frühlingsfests kämen.

Saskia Esken hält die Entscheidung der Stadt für "ein Unding"

Die Parteivorsitzende und Bundestagsabgeordnete der SPD, Saskia Esken, kann die Entscheidung des Stadtrats nicht nachvollziehen. "Seit über 125 Jahren gehen Menschen am 1. Mai für Solidarität und Gerechtigkeit auf die Straße", so Esken. Sie empfinde es als Affront, dass gerade am Tag der Arbeit eine Ausnahme vom Arbeitsschutz gemacht werden soll.

Frieden, Gerechtigkeit und sozialer Zusammenhalt kämen nicht von selbst. Sie müssten immer wieder gemeinsam erkämpft werden. Die Menschen spürten das in diesem Jahr so intensiv wie seit vielen Jahren nicht mehr, so Esken. Unter dem Motto "Gemeinsam Zukunft Gestalten" wollen der Deutsche Gewerkschaftsbund und seine Gewerkschaften am 1. Mai 2022 für soziale Gerechtigkeit und Solidarität auf die Straße gehen.

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