Der 72-jährige Angeklagte gestand, in 28 Fällen sexuell mit seiner damaligen Patientin verkehrt zu haben, zum Teil war sie dabei noch minderjährig. Die Taten haben zwischen 2008 und 2013 im Landkreis Calw, Friedrichshafen und Lindau stattgefunden. Von der Staatsanwaltschaft wurden ihm ursprünglich 46 Fälle zur Last gelegt. Doch die ungeklärten Fälle seien nicht entscheidend für das Strafmaß, entschied der zuständige Richter.
Haftstrafe oder Bewährung
Nachdem ein Teil der Vorwürfe durch den Angeklagten bestätigt wurden, ging es beim letzten Prozesstermin um eine angemessene Strafe. Der Staatsanwalt forderte drei Jahre Haft, schließlich habe der Mann das Betreuungsverhältnis zu seiner damaligen Patientin missbraucht und ausgenutzt, kritisierte er scharf. Außerdem sei die Frau gerade wegen einer Neigung zu deutlich älteren Männern in Behandlung gewesen, das mache es noch schlimmer. Auch die Anwältin der heute 30-Jährigen machte nachdrücklich auf die psychischen Folgen für die junge Frau aufmerksam. "Mir wäre einiges erspart geblieben", sagte sie vor Gericht.
Der Verteidiger argumentierte, dass die Frau sich freiwillig auf die sexuellen Handlungen mit ihrem Therapeuten eingelassen habe. Das sei bei Missbrauchsfällen aber so, konterte der Richter, sonst würde man von einer Vergewaltigung sprechen.
Der Angeklagte zeigt Reue
Der 72-Jährige entschuldigte sich bei seiner ehemaligen Patientin. Sein Anwalt ergänzte: der Angeklagte sei verliebt gewesen und hätte seinen Kopf verloren. Das sei natürlich nicht richtig gewesen, aber das könne man nicht mehr rückgängig machen. Die Frau nahm die Entschuldigung nicht an.
Beide Seiten akzeptieren Urteil
Die Bewährungsstrafe von zwei Jahren inklusive Geldstrafe begründete der Richter damit, dass der Angeklagte mittlerweile alt und kränklich sei.
"Man muss auch sehen, wen man vor sich hat."
Er gab ihr jedoch Recht, dass das Handeln des Angeklagten nicht zu entschuldigen sei. Die 30-jährige und der Angeklagte akzeptierten die Entscheidung des Landgerichts.