Archäologischer Fund im Allgäu

Hammerschmiede: Tübinger Forscher entdecken fossile Gänse-Art

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Wissenschaftler aus Tübingen haben gemeinsam mit Kollegen aus Frankfurt die elf Millionen Jahre alten Überreste einer ausgestorbenen Gänsevögel-Art entdeckt.

Bei dem Fund handelt es sich um fossile Überreste einer bislang unbekannten Gattung prähistorischer Gänsevögel. Die Forscher haben die neue Art "Allgoviachen tortonica" benannt. Sie bevölkerte Süddeutschland vor rund elf Millionen Jahren. Die Funde lassen den Schluss zu, dass die Tiere auf dem Boden, aber auch auf Bäumen lebten und etwa die Größe heutiger Nilgänse hatten.

Knochenfund von einer Gans (Foto: SWR, Christina Kyriakouli)
Rekonstruktion des Beins von Allgoviachen tortonica

Rarität: ein ganzes Gänsebein

Freigelegt wurde unter anderem ein komplett erhaltenes Gänsebein. Das sei bei fossilen Gänsevögeln weltweit sehr selten, so die Tübinger Professorin Madeleine Böhme. Besonders aufschlussreich für die Lebensweise von Allgoviachen tortonica ist die Form der Krallen. Diese unterscheiden sich deutlich von den Krallen heutiger Gänsevögel, die eine vorwiegend schwimmende Lebensweise haben. Die Forscher schließen daraus, dass die Tiere über kräftige Sehnen verfügten, mit deren Hilfe sie ihre Krallen stark beugen konnten.

"Eine solche Krallenbeugung ermöglicht ein Festhalten auf Ästen oder im Fluss treibenden Baumstämmen."

Gänsevögel, zu denen auch Enten und Schwäne gehören, konnten in der Hammerschmiede durch vier Arten belegt werden. Allgoviachen tortonica stellt mit etwa zwei Kilogramm Gewicht und 70 Zentimetern Körperlänge die größte Art dar. Der wissenschaftliche Name bedeutet so viel wie Allgäu-Gans aus dem Tortonium, der Epoche, aus dem der Fund stammt.

Schnappschildkröte könnte Oberschenkel abgerissen haben

Die heutige Tongrube wurde vor mehreren Millionen Jahren von Flüssen durchzogen. Da das gefundene Bein am Oberschenkel des Tieres abgetrennt wurde, könnte es sich nach Meinung der Wissenschaftler um einen Fraßrest einer Schnappschildkröten handeln. Von denen lebten wohl viele in den Hammerschmiedeflüssen.

"Die Befunde sind vereinbar mit einem Abbeißen des Beins während einer Schwimmphase der Allgäu-Gans. Für dieses Szenario spricht die vollständige Erhaltung aller Knochen."

Unter Leitung der Tübinger Professorin Madelaine Böhme wird in der Hammerschmiede seit 2011 gegraben. Böhme zufolge unterstreichen die Funde die weltweite Bedeutung der Tongrube Hammerschmiede. Man habe dort bislang 140 verschiedene Wirbeltier-Arten entdeckt, darunter auch den ersten aufrecht gehenden Menschenaffen, genannt Udo.

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