In Istanbul könnten der ukrainische Präsident Selenskyj und sein russischer Amtskollege Putin aufeinander treffen. Bei den Verhandlungen soll es um eine Waffenruhe gehen. Vor dem möglichen Treffen sind Helferinnen und Helfer der Organisation "Tübingen hilft Ukraine" pessimistisch.
"Ich glaube, es ist schwierig, Putin zu vertrauen"
Ein ehrenamtlicher Helfer der Organisation, Sergii Biliavets, hat dabei wenig Vertrauen in Putin. Erst Dienstagabend haben er und weitere Helfer wieder Güter in die Ukraine geschickt. Laut eigenen Angaben haben sie schon knapp 300 Tonnen humanitäre Hilfe nach Kiew, Lwiw oder Mukatschewo bringen lassen.
Biliavets sagt, es habe schon früher Friedensgespräche mit Putin gegeben - vor der Annexion der Krim und vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Und dennoch sei das Ergebnis nicht Frieden, sondern Krieg gewesen.
Resignation bei Mitarbeitern spürbar
Nach mehreren Jahren Krieg ist bei den Mitarbeitern von "Tübingen hilft Ukraine" auch viel Resignation spürbar. Die Linie der ukrainischen Regierung war lange Zeit, keine Gebiete abzugeben. Die Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland können sich inzwischen einen Kompromiss mit den Gebieten in der Ost-Ukraine vorstellen.
Nach drei Jahren Krieg - da sind schon manche Ressourcen am Ende. Man muss vielleicht doch einen Kompromiss suchen. Vielleicht müssen wir es so lassen, wie es vor 2022 war.
Doch selbst auf mögliche Kompromisse mit Putin vertraut Biliavets nicht. Seien die erstmal in Sicht, verändere der russische Präsident seine Ziele wieder. Dann "denkt er sich wieder was Neues aus", erklärt er zerknirscht.
Der Wunsch vieler Ukrainer: Waffenruhe
So bleibt auch fraglich, was bei den Gesprächen in Istanbul möglich ist. Vladimir Piven engagiert sich ebenfalls bei "Tübingen hilft Ukraine". Im ersten Schritt hofft er auf eine Waffenruhe: "Wir würden uns alle wünschen, dass die Russen aufhören mit den Bomben- und Raketenangriffen." Und auch er glaubt nicht, dass Russland die Krim zurückgeben könnte.
Piven bezweifelt, dass sich sein Heimatland mit der aktuellen Situation zufrieden geben wird. Immerhin würden die ganze Zeit Leute sterben. "Extrem viele, auf beiden Seiten. Und wir wünschen uns alle, dass zumindest das so schnell wie möglich aufhört." Er wirkt gefasst, doch seine Worte klingen dramatisch.
"Nachts fliegen Raketen, tagsüber spricht Putin von Diplomatie"
Seit drei Jahren lebt Alina Oshomok aus Kiew mit ihrem sechsjährigen Sohn Micha in Freiburg. Dass Russlands Präsident Putin plötzlich über Friedensverhandlungen spricht, sieht sie mit Skepsis. "Der Krieg dauert seit 2014, es gab so viele Chancen. Heute habe ich keine Erwartungen mehr, dass er bald endet." Nachts fliegen Raketen auf Kiew, tagsüber spricht Putin von Diplomatie - das passe für sie nicht zusammen.
Frieden werde es nur geben, wenn Russland wirtschaftlich nicht mehr kann, sagt sie. Doch momentan spiele Putin auf Zeit. "Er spricht von den Ursachen des Krieges - meint er damit die NATO-Osterweiterung? Dafür kann die Ukraine nichts." Für Alina Oshomok ist klar: "Putin will keinen Frieden, er spielt nur eine Rolle." Nun bleibt abzuwarten, was die Gespräche in Istanbul ergeben.