Schwefelhäuschen, Stollen, Skelette und Schauschmieden

Der Tag des offenen Denkmals in Hechingen, Nagold oder Bad Urach

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AUTOR/IN
Peter Binder

Denkmale erzählen viel über die Menschen, die sie erbaut, die in ihnen gewohnt oder gebetet haben. Am Sonntag (11.9.) öffnen viele, die sonst geschlossen haben.

Der Tag des Denkmals nennt sich "das größte Kulturevent Deutschlands". Schließlich sind tausende Denkmale mit von der Partie. Und fast überall kann man etwas finden.

In Reutlingen beispielsweise kann man sich anschauen, wie sozialer Wohnungsbau vor gut 100 Jahren ausgesehen hat: auf einer Führung durchs Gmindersdorf. Das Textilunternehmen Gminder hat damals eine Arbeitersiedlung geschaffen, die an ein Dorf erinnern sollte - um die Lebensqualität der Menschen zu verbessern.

historische Aufnahme der Siedlung Gmindersdorf in Reutlingen (Foto: Pressestelle, Stadt Reutlingen)
Die Siedlung Gmindersdorf in Reutlingen sollte ländlich bis kleinstädtisch wirken, zugleich aber damals modernsten Wohn- und Hygienestandarts entsprechen.

Drei Stunden Zeit braucht, wer an einer Führung über die Reutlinger Achalm teilnehmen möchte. Dort haben die Menschen über Jahrtausende hinweg Spuren hinterlassen, mit frühkeltischen Siedlungsplätzen, einer der frühesten und wichtigsten Adelsburgen der Region und alten Steinbrüchen. Die Aussicht von der Achalm ist kein Denkmal, aber auch wärmstens empfohlen.

Sehr selten zu sehen: der Schickhardtstollen bei Seeburg

Immer nur am zweiten Sonntag im September, also am Tag des offenen Denkmals, und auch das nur in geraden Jahren, kann man den Schickhardtstollen bei Seeburg in der Nähe von Bad Urach besichtigen. Den hat vor 400 Jahren der württembergische Hofbaumeister Heinrich Schickhardt ins Gestein treiben lassen, um einen sogenannten "Bodenlosen See" abzulassen. Durch den Stollen fließt ein Bach. Entsprechende Kleidung bekommt man vor der Führung am Parkplatz.

In Münsingen auf der Reutlinger Alb gab es mal ein Gefängnis, für Kleindelinquenten. Inzwischen ist es ein Veranstaltungsort, und am Tag des offenen Denkmals kann man noch mehrere Zellen im Originalzustand bewundern, und die dazugehörigen zwölf Zentimeter starke Eichentüren - zwei Türen pro Zelle - und Wände, in die Gefangene ihre Initialen gekratzt haben.

Ein alter Holzherd, frische Kräuter, Keramik und Holzlöffel in einer historischen ländlichen Küche (Foto: Pressestelle, Hotel Bareiss)
Holz für den Herd: Die Küche im Morlokhof in Baiersbronn.

Schauspieler am Start in Baiersbronn

Die Morloks waren eine weithin bekannte und auch mysteriöse Familie in Baiersbronn Mitteltal. Am Sonntag kann man den Morlokhof besichtigen, den sie seit 1789 bewohnt haben. Dabei gibt es Führungen, ein Schauspieler begrüßt Gäste als Johann Georg Morlok, und man kann beobachten, wie aus schwarzwälder Holz Schindeln entstehen.

Ein unscheinbares, leicht windschiefes, aber hübsch renoviertes altes Häuschen. (Foto: Pressestelle, Thomas Reimer)
Im Gebäude des Schmiedemuseum in Nagold-Schietingen war früher tatsächlich eine Schmiede. Am Tag des offenen Denkmals soll dort wieder gearbeitet werden.

Das Schmiedemuseum in Nagold-Schietingen war lange wegen Renovierung geschlossen, und auch in Zukunft wird man es nur mit Anmeldung besichtigen können. Am Tag des offenen Denkmals am 11. September aber ist es nicht nur geöffnet, es führt auch ein Schmied aus Nagold-Hochdorf sein Handwerk vor. Außerdem gibt es Kaffee und Kuchen.

Ein unscheinbares, annähernd würfelförmiges Häuschen an einem Straßenrand (Foto: Pressestelle, Stadt Hechingen)
An dieser Stelle entdeckte ein Hechinger Arzt eine Schwefelquelle. Noch in den 1980-er Jahren wurde das Schwefelwasser von hier nach Hechingen transportiert, erklärt Stadtarchivar Thomas Jauch.

Nicht jedes Denkmal muss groß sein - oft wird es auch erst spannend durch das, was einem jemand dazu erzählt. Wenn in Hechingen-Sickingen am Sonntag das Schwefelhäuschen aufgesperrt wird, sieht man nicht viel, räumt Stadtarchivar Thomas Jauch ein. Wenn man sich dann aber erzählen lassen kann, wie dort vor knapp 200 Jahren ein Arzt eine heilsame Schwefelquelle entdeckt haben soll, und wie die bis in die 1980-er Jahre genutzt wurde, dann kann Geschichte lebendig werden.

zwei prunkvolle Sarkophage in der Fürstengruft in Hechingen (Foto: Pressestelle, Stadt Hechingen)
"Credo in Carnis Ressurectionem" steht über den Sarkophagen in der Füstengruft: "Ich glaube an die Auferstehung des Fleisches".

Ebenfalls in Hechingen hat man die seltene Gelegenheit, die Fürstengruft unter der Stifts- und Pfarrkirche St. Jakobus zu besichtigen. Und in der Klosterkirche St. Johannes in Hechingen-Stetten ist ausnahmsweise auch die Johanneskapelle mit ihren Reliquienschreinen geöffnet, und mit einem Skelett im Glassarg. Ein morbider Anblick mit kirchenhistorischem Hintergrund, der Besuchern auch nur selten zugänglich ist.

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Peter Binder