Biogasanlage Unterer Lindenhof Eningen (Foto: Pressestelle, Universität Hohenheim, Benjamin Ohnmacht)

Wohin mit dem Grünschnitt?

Von wegen Abfall! Bei Reutlingen wird das Gras von Streuobstwiesen zu Energie

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Miriam Plappert

Bisher ist der Grünschnitt von Streuobstwiesen meist Abfall. Ein Projekt im Kreis Reutlingen will das ändern. Hier wird das Gras in Biogasanlagen genutzt.

"Schützen durch Nützen" - unter diesem Motto läuft gerade ein Projekt auf Streuobstwiesen im Landkreis Reutlingen. Dabei geht es um das Gras, das anfällt, wenn man die Streuobstwiesen mäht.

Wer Streuobstwiesen hat, zahlt oft drauf

Den Gras-Abfall müssen Eigentümerinnen und Eigentümer von Streuobstwiesen meist an regionalen Sammelstellen entsorgen. Das kostet vielerorts Geld - ein Ärgernis für viele Gütle-Besitzer. Zumal die Pflege der ökologisch wertvollen Streuobstwiesen für sie ohnehin viel Mühe und Arbeit bedeutet. In Lichtenstein und Eningen (Kreis Reutlingen) wurde deshalb vor zwei Jahren eine neue Nutzungsmöglichkeit etabliert: Die Besitzerinnen und Besitzer zahlen nichts und das Gras kommt in die Biogasanlage.

Alfons Reiske vom Obst- und Gartenbauverein Lichtenstein ist von der Idee überzeugt. So könne regional Energie erzeugt werden, sagt er.

Das Biogas könnte bei Sonnen- und Windflauten zum Einsatz kommen

Das Forschungsprojekt läuft in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim und der Universität Stuttgart. An der Forschungsbiogasanlage "Unterer Lindenhof" in Eningen wird das Gras in Methan umgewandelt und anschließend für Strom- und Wärmeerzeugung genutzt. So können Photovoltaik- und Windkraftflauten ausgeglichen werden, sagt Andreas Lemmer von der Universität Hohenheim.

Geht es weiter mit dem Biogas aus Streuobst-Gras?

Ende des Jahres läuft das Forschungsprojekt, das vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördert wird, aus. Noch sei unklar, ob es mit dem Biogas aus dem Streuobst-Gras weitergehen kann, sagt Lemmer. Die Pflege der Wiesen koste deutlich mehr, als der Erlös aus den Biogasanlagen einbringt. Daher müsse man eine langfristige Fördermöglichkeit finden.

Die Probleme der Streuobstwiesen-Besitzer und die Politik

Das versucht Alfons Reiske vom Obst- und Gartenbauverein Lichtenstein gerade. Deswegen lud er auch Sabine Kurtz, Staatssekretärin am Landwirtschaftsministerium Baden-Württemberg, und den CDU Landtagsabgeordneten Manuel Hailfinger ein. Reiske zeigte ihnen die Streuobstwiesen in Lichtenstein-Unterhausen und erläuterte die Probleme der Gütle-Besitzer.

Hailfinger, Reiske, Kurtz (Foto: SWR, Miriam Plappert)
Alfons Reiske (Mitte) zeigt Staatssekretärin Sabine Kurtz und CDU-Landtagsabgeordnetem Manuel Hailfinger die Streuobstwiesen in Lichtenstein-Unterhausen.

Die Abfallverordnung steht im Weg

Über den Grünschnitt hinaus würde Reiske künftig auch gerne Fallobst und Schnittholz in der Biogasanlage verwerten. So einfach ist das aber nicht. Bisher fällt das Schnittgut von Streuobstwiesen von Privatgrundstücksbesitzern unter die Abfallverordnung und darf nicht einfach in Biogasanlagen verwertet werden. Dafür braucht man eine Sondergenehmigung, die auch mit dem Forschungsprojekt auslaufen würde. Das heißt, wenn sich keine neue Fördermöglichkeit und Sondergenehmigung auftun, müsste der Verein Ende des Jahres mit der Energieerzeugung aus dem Streuobst-Gras wieder aufhören. Hier müsse die Politik nachjustieren, fordert der Verein.

Wiesenmahd (Foto: Pressestelle, Universität Hohenheim, Christina Brandhorst)
Die vielen Bäume machen die Mahd auf Streuobstwiesen mühsam.

Bessere Feldwege und widerstandsfähige Sorten

Außerdem warb Reiske dafür, dass das Land die Feldwege ausbaut. Viele Gütle-Besitzer kämen gar nicht an ihre Streuobstwiese ran. Die Pflege der Wiesen sei dann schwierig. Umtriebig bleiben die Streuobst-Liebhaberinnen und -Liebhaber auf jeden Fall: In einem weiteren Forschungsprojekt mit der Universität Hohenheim will der Verein zum Beispiel neue Obstsorten etablieren, die an die Klimaveränderungen angepasst sind.

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