Kress war erst 16 Jahre alt, als er wegen eines Liebesbriefes an einen anderen Mann verhaftet wurde. Der damalige Tübinger Oberbürgermeister Hans Gmelin brachte den Brief persönlich zur Anzeige. Grundlage war der Paragraf 175 des Strafgesetzbuches, nach dem Homosexualität strafbar war. Kress musste ins Jugendgefängnis und verlor seinen Arbeitsplatz.

OB Palmer: "Es war Unrecht"
60 Jahre später hat sich die Stadtverwaltung Tübingen bei Helmut Kress entschuldigt. "Es war Unrecht, was Helmut Kress damals angetan wurde. Das hat tiefe Spuren in seinem Leben hinterlassen. Sein Schicksal macht uns heute sehr betroffen", sagte Oberbürgermeister Boris Palmer bei einem Empfang zu Ehren von Helmut Kress am Donnerstagabend.
Er könne nicht nachvollziehen, warum sein Vorgänger den Brief zur Anzeige brachte, so Palmer. Neben der Entschuldigung bekommt Kress von der Stadt eine Entschädigung in Höhe von 6.000 Euro.
Kress saß in Einzelhaft Strafe ab
Helmut Kress, Jahrgang 1946, wurde 1961 als Auszubildender bei der Stadtverwaltung Tübingen an seinem Arbeitsplatz verhaftet und in Handschellen abgeführt, nachdem der Liebesbrief gefunden worden war. Kress wurde nach Angaben der Stadt Tübingen wie ein Schwerverbrecher stundenlang bei der Polizei verhört und später wegen Paragraf 175 vor Gericht gestellt. Er erhielt eine Jugendstrafe von 14 Tagen Haft. Die saß er in Einzelhaft im Jugendgefängnis in Oberndorf ab.
Später verlor Kress seinen Arbeitsplatz bei der Stadtverwaltung, das Verhältnis zu seinem Vater ging in die Brüche. Er fand im Laufe der 1960er-Jahre zur Gastronomie, die zu seiner Leidenschaft wurde. Bis vor wenigen Jahren betrieb er in Tübingen die Weinstube Göhner.