Vor gut sechs Monaten haben die Landesgrünen auf einem Parteitag mit großer Mehrheit beschlossen, dass sie ein Parteiausschlussverfahren gegen den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer anstrengen wollen. Denn Palmer hatte immer wieder mit umstrittenen Bemerkungen über Ausländer polarisiert. Zwar ist nach wie vor von einem drohenden Ausschlussverfahren die Rede, doch passiert ist in den vergangenen sechs Monaten nichts. Für Palmers Anwalt Rezzo Schlauch ist klar: Die Partei verzögert das Verfahren ganz bewusst, um Boris Palmer zu schaden. Deshalb will er den Grünen Landesverband jetzt zwingen, endlich zu handeln.
Viele Vorwürfe
Die Liste ist lang: Boris Palmer hat in der Vergangenheit zum Beispiel gefordert, man solle straffällig gewordene Asylbewerber abschieben. Er hat in Tübingen ein Verzeichnis geführt über Flüchtlinge, die bei der Polizei auffällig geworden sind - bis ihm das verboten wurde. Er hat immer wieder in den sozialen Medien mit Äußerungen über Ausländer provoziert. Für viele Grüne ist das nicht hinnehmbar. Ob er jedoch tatsächlich aus der Partei ausgeschlossen wird, steht längst nicht fest.
Schlauch will eine Entscheidung
Palmers Anwalt Rezzo Schlauch glaubt: Um den Schaden für die Grünen möglichst gering zu halten, hat man das Parteiausschlussverfahren zunächst aus dem Bundestagswahlkampf herausgehalten. Jetzt soll es die Koalitionsverhandlungen nicht stören. Und Schlauch geht noch weiter und sagte dem SWR, die Partei wolle das Verfahren noch in den Tübinger OB-Wahlkampf hineinziehen, der für Palmer im kommenden Jahr wahrscheinlich wieder ansteht.
Damit endlich Bewegung ins Verfahren kommt, geht Schlauch nun in die Offensive. Er hat sich nach eigenen Angaben mit einem entsprechenden Antrag an das zuständige Landesgremium, die Landesschiedskommission, gewandt, um Bewegung in die offene Angelegenheit zu bringen. Die Kommission soll erklären, ob es nun ein Parteiausschlussverfahren gibt oder nicht.
Landesverband gibt sich gelassen
Den Landesverband der Grünen scheint das nicht zu beeindrucken. Er teilte dem SWR schriftlich mit, dass die Vorbereitung des Parteiausschlussverfahrens gegen Boris Palmer aufwändig sei, weil der Tübinger OB in den vergangenen Jahren mehrfach und immer wieder durch provokante und unangemessene Äußerungen aufgefallen sei. Man verzögere das Verfahren nicht. Wann es beginnen wird, lässt der Landesverband aber weiter offen.