Prozess am Tübinger Landgericht

Toter Säugling in Tiefkühltruhe: Mutter vor Gericht

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Hat die Frau ihr Neugeborenes erstickt oder wollte sie es retten? Darum geht es bei einem Prozess, der heute am Tübinger Landgericht begonnen hat. Die Frau bestreitet, das Kind getötet zu haben.

Die Frau aus Lichtenstein im Kreis Reutlingen hat am Mittwoch beim Prozessauftakt immer wieder betont, sie habe ihre neugeborene Tochter nicht getötet. Unter Tränen sagte sie aus, das Kind habe geröchelt, sie habe versucht, es zu beatmen. Irgendwann habe das Neugeborene nicht mehr geatmet.

Eine Angeklagte verdeckt ihr Gesicht mit einer Pappe  einem Ordner, als sie das Landgericht Tübingen betritt. Sie soll ihr Kind getötet haben. Neben ihr ihre Anwältin, am Rand eine Videokamera eines Vertreters der Presse. (Foto: SWR, Stefanie Assenheimer)
Die Angeklagte im Kindstötungsprozess am Landgericht Tübingen mit ihrer Anwältin (v.r.n.l.).

Die 48-Jährige beteuerte, sie habe damals unter Schock gestanden und den Leichnam des Kindes später in eine Tiefkühltruhe gelegt. Warum, das könne sie sich heute nicht mehr erklären.

Ehemann fand Säuglingsleichnam

Zwei Jahre später, im Juni 2020, fand der Ehemann der Angeklagten das tote Baby in der Truhe im Keller des Mehrfamilienhauses, in dem sie wohnten.

Schwangerschaft verheimlicht

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Frau ihre neugeborene Tochter nach der Geburt erstickt hat. Die Anklage lautet auf Totschlag. Demzufolge war die Frau vor vier Jahren von ihrem damaligen Ehemann schwanger, verheimlichte das aber. Sie soll das Kind im Herbst 2018 ohne Hilfe unter der Dusche zur Welt gebracht haben.

Das Mädchen war nach Auffassung der Staatsanwaltschaft lebensfähig. Die Frau habe es in den Arm genommen und so fest an sich gedrückt, dass es aufhörte zu atmen.

Landgericht Tübingen mit Richter, Anwälten, Staatsanwalt. Eine Angeklagte verdeckt ihr Gesicht mit einer Pappe  einem Ordner, als sie das Landgericht Tübingen betritt. Sie soll ihr Kind getötet haben. Neben ihr ihre Anwältin. (Foto: SWR, Stefanie Assenheimer)
Am ersten Prozesstag musste die Angeklagte dem Gericht wiederholt schildern, wie sie Geburt und Tod des Säuglings erlebt habe.

Immer alles alleine geregelt

Über ihre Herkunft erzählte die Angeklagte, sie sei von der Mutter verlassen und von der Großmutter schlecht behandelt worden. Dann habe sie auch bei einer Pflegefamilie kein Glück gefunden.

Sie habe gelernt, alles alleine zu regeln, weil nie jemand Zuverlässiges da gewesen sei. Die Ehe mit dem Vater des toten Säuglings, mit dem sie zwei Kinder hat, sei nicht gut gewesen. Er habe ihr gedroht, wenn sie ihm nochmal ein Kind "unterjubeln" würde, könne sie "ihre Koffer packen".

Angst, ihre Kinder zu verlieren

Aus Angst, ausziehen zu müssen und ihre Kinder zu verlieren, habe sie die Schwangerschaft verheimlicht. Sie sei etwas korpulenter gewesen zu jener Zeit, deshalb sei das körperlich nicht aufgefallen.

Zur Trennung der beiden kam es bereits, bevor der Vater das Neugeborene in der Tiefkühltruhe entdeckte. Er soll am Freitag im Prozess am Landgericht Tübingen aussagen.

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SWR