Die Verdienste von Oberbürgermeister Boris Palmer um die grüne Programmatik in dem Ausschlussantrag komplett auszuklammern, sei "politisch und rechtlich eine grobe Fehlleistung", schreibt Palmers Anwalt Rezzo Schlauch in seiner 55-seitigen Stellungnahme. Der Ausschlussantrag sei deshalb "vollumfänglich unbegründet". Schlauch bestätigte am Sonntag dem SWR einen entsprechenden Bericht der "Süddeutschen Zeitung". Boris Palmer nimmt somit zum ersten Mal in dieser ausführlichen Form Stellung zu den Anschuldigungen im Rahmen des Ausschlussverfahrens.
Vorwürfe des Tübinger OBs und seines Anwalts Palmers Parteiausschluss: Schlauch will Grüne zum Handeln zwingen
Rezzo Schlauch und Boris Palmer sind Schwergewichte der Grünen. Jetzt geht ihnen die Geduld aus mit ihrer Partei. Denn die Grünen arbeiten sei Monaten an Palmers Parteiausschluss.
Anwalt: Tübingen zur grünen Pionierstadt gemacht
Palmer sei zwar "ohne Frage ein unbequemer Demokrat", schreibt Schlauch der Zeitung zufolge. Der 49-Jährige habe der Partei aber keinen Schaden zugefügt, sondern sei vielmehr "ein außergewöhnlicher Aktivposten" für die Grünen. Tübingen sei immer wieder Pionierstadt für grüne Themen wie Klimaschutz und Mobilität gewesen und habe Lösungen entwickelt, die sich später im grünen Parteiprogramm wiedergefunden hätten.
Der frühere Bundestags-Fraktionschef Schlauch hielt den Grünen ferner eine "neue Unkultur der Verhinderung von Diskussionen" vor. Nach außen hin träten die Grünen als Partei der Diversität auf, aber nach innen werde das nicht praktiziert. Das mündliche Verfahren soll erst nach Ostern beginnen.
Palmer tritt als unabhängiger Kandidat an
Ein Landesparteitag hatte Anfang Mai 2021 beschlossen, ein Parteiordnungsverfahren gegen den wegen seiner Provokationen umstrittenen Rathauschef anzustrengen. Das Verfahren ist auch deshalb von großer Bedeutung, weil im Herbst in Tübingen die Wahl des Oberbürgermeisters ansteht. Palmer will als unabhängiger Kandidat antreten, weil sich seiner Meinung nach eine Kandidatur für die Grünen nicht mit einem parallelen Ausschlussverfahren verträgt.