Die Sparkasse und der neue Marktplatz mit Fontänen-Brunnen in Mössingen (Foto: SWR, SWR / Ulrike Mix)

Nach acht Jahren Dauerbaustelle

Lob und Kritik an neuer Stadtmitte von Mössingen

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Acht Jahre lang wurden in Mössingen (Kreis Tübingen) Straßen aufgerissen, Häuser abgebrochen und neue gebaut. Jetzt hat die Stadt eine neue Mitte. Doch ist die gelungen?

Vor dem großen, neuen Sparkassengebäude lassen Düsen Wasserfontänen in verschiedener Höhe aus dem Boden wachsen. Auf dem sandsteinfarben gepflasterten Platz gibt es Sitzbänke und ein nagelneues Café lädt zum Verweilen ein. So sieht er aus, Mössingens neuer Marktplatz, die neue Mitte des einstigen Straßendorfes, das eben wegen seiner Durchgangsstraße nie eine Mitte hatte.

Sparkasse und Gesundheitszentrum als zentrale Bauten

Einige Schritte weiter auf der anderen Straßenseite liegt ein zweiter, kleinerer Platz direkt vor dem ebenfalls neuen Gesundheitszentrum. Die Straße dazwischen ist über einige hundert Meter zur Tempo-20-Zone gemacht worden, um den Autolärm zu reduzieren. Auch dieser weitere Platz hebt sich durch sandsteinfarbene Pflastersteine von der Umgebung ab. Hier ist der Fußgängerbereich.

Das neue Mössinger Gesundheitszentrum samt dem davor liegenden Platz (Foto: SWR, SWR / Ulrike Mix)
Das neue Mössinger Gesundheitszentrum samt dem davor liegenden Platz

Das Gesundheitszentrum ziehe Menschen aus der gesamten Region an, freut sich die Chefin des Mössinger Handels- und Gewerbevereins, Barbara Muschler, die in der Nähe ein Modegeschäft betreibt. Das erhöhe die Kundenfrequenz in der Innenstadt und sorge dafür, dass sie nicht ausblute. Muschler findet die neue Mössinger Mitte insgesamt gelungen. Wegen der Bauarbeiten musste sie acht Jahre lang Lärm und viele Einschränkungen in Kauf nehmen. Auch die Stadtverwaltung scheint zufrieden: Man habe die Flächen für Fahrzeuge aller Art um die Hälfte reduziert zugunsten der Fußgänger. Außerdem wurden 35 neue Bäume gepflanzt.

Viele Mössinger kritisieren die neue Mitte

Das sei viel zu wenig, kritisieren viele Mössinger. Auf dem zentralen Platz vor der Sparkasse gebe es keine Bäume. Der Platz sei kahl - ohne Schatten. An heißen Tagen hält man es dort kaum aus. Wegen des Klimawandels sind Bäume für viele ein Muss. Tatsächlich hält sich auf dem Marktplatz kaum jemand auf. Richtig einladend wirken die Bänke dort nicht - so ganz ohne Grün. Das wird noch, sagen andere. Denn immerhin stehen einige große Kübel zur Bepflanzung bereit. Die schienen der Stadt offenbar geeigneter als fest verwurzelte Bäume, denn auf dem Marktplatz soll irgendwann auch ein Markt abgehalten werden. Da könnten die Bäume den Verkaufsständen der Marktbeschicker im Weg sein. Ob die aber als Schattenspender ausreichen, bezweifeln viele.

Denkmalverein kritisiert Architektur

Und es gibt noch mehr Kritik: Die neuen Klinkerfassaden der Sparkasse und des Gesundheitszentrums passten nicht ins Stadtbild, finden viele - auch Holger Friesch vom Mössinger Denkmalverein.

"Das ist beliebig austauschbare Massenarchitektur, wie man sie überall sieht, und das Unverwechselbare des Ortes geht halt immer mehr verloren."

Eine alte Villa mit Fachwerk musste für ein oberirdisches Parkhaus weichen, berichtet Friesch. Es verstehe nicht, warum zentrale Flächen für Parkplätze herhalten müssen, die man auch unterirdisch bauen könnte. Überhaupt gehe Mössingen mit seiner alten Bausubstanz seit Jahren stiefmütterlich um. Nicht nur im Zentrum. Immer wieder würden alte Bauernhäuser abgerissen oder dem Verfall überlassen. HGV-Chefin Barbara Muschler kontert: Es könne sich eben nicht jeder leisten, ein altes Haus zu sanieren. Das Leben sei Wandel, sagt sie. Dazu gehöre, dass Strukturen verändert werden. Sie weiß: Noch ist nicht alles perfekt an der neuen Mössinger Mitte. Aber immerhin sei jetzt ein Anfang gemacht.

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SWR