In Mössingen im Kreis Tübingen ist das Maibaumstellen jedes Jahr ein Großereignis, wenn der meterhohe Baum mit purer Muskelkraft in die Senkrechte gehievt wird. "Wir sind die letzten im Steinlachtal, die den Maibaum ganz allein mit unserer Muskelkraft und Geschicklichkeit aufstellen", sagt Irene Haag, die Vorsitzende des Musikvereins Mössingen. Das wichtigste Gerät dabei seien die Schwalben. Das sind lange Stangen, die jeweils paarweise mit einem Riemen verbunden sind.

Der Maibaum liegt in diesen Riemen und die Mitglieder der Fasnetszunft Original Steinlachtäler richten ihn langsam auf. Steht der Baum, wird das mit Musik und Vesper gefeiert. Das Spektakel in Mössingen hat am Mittwochabend mitten in der Stadt mit einem Umzug begonnen.

Kaum ein Ort verzichtet auf den Maibaum
In vielen anderen Orten stellen Feuerwehr oder Bauhof den Maibaum mit einem Kran auf. Das Maibaumstellen ist weit verbreitet in der Region Neckar-Alb, Zollernalb und auch im Nordschwarzwald. In Horb (Kreis Freudenstadt) beispielsweise pflegen alle 17 Stadtteile diese Tradition, darunter Horb-Mühringen und Horb-Talheim. Eine der insgesamt seltenen nächtlichen Maibaum-Absäge-Aktionen, die als Sachbeschädigung gilt, musste laut Stadt Horb bisher nur Talheim erleben.

Um solche Vorfälle zu vermeiden, haben manche Gemeinden vorgesorgt. Dass der Maibaum abgesägt wird, kann in Bempflingen (Kreis Esslingen) neuerdings nicht mehr passieren: Dort wurde ein 12-Meter-Aluminium-Baum in Holzoptik angeschafft.
Waldgottheiten und Fruchtbarkeit
Die Tradition des Maibaumstellens kommt vermutlich aus germanischer Zeit und der Verehrung von Waldgottheiten. Es geht um das Erwachen der Natur im Frühling, um Fruchtbarkeit und um die Feier des Lebens. Bis heute symbolisiert von den bunten Bändern, die den Maibaum schmücken.

Ausnahme: Baumstellen am Maifeiertag
Üblicherweise wird der Baum am Vorabend des 1. Mai errichtet. Albstadt-Onstmettingen (Zollernalbkreis) dagegen hat das Baumstellen inzwischen auf den 1. Mai selbst verlegt. Vor der Corona-Zeit seien die Maibaumfeste noch am Vorabend manchmal etwas "problematisch" geendet, sagt Ortsvorsteher Jürgen Kurz dem SWR. Nachdem der Brauch des Maibaumfestes dann eingeschlafen war, sei er jetzt am 1. Mai vormittags wieder auferstanden.