Frauen genießen Handarbeit in der Gemeinschaft - ein "lebenswert"-Projekt im Ringelbach Reutlingen (Foto: SWR, Thomas Scholz)

100.000 Euro für Stiftung gesammelt

Erfolgreiches Nachbarschafts-Projekt "lebenswert" in Reutlingen

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Thomas Scholz

Nachbarschaftshilfe, Quartierspflege, Gemeinschaft: Die Initiative "lebenswert" ist im Wohngebiet Ringelbach in Reutlingen erfolgreich. Ehrenamtliche entwickeln viele Projekte.

Im Wohngebiet Ringelbach in Reutlingen hat sich eine äußerst erfolgreiche Initiative zur Pflege der Nachbarschaft entwickelt. "lebenswert" unterstützt Ehrenamtliche, die ihre eigenen unterschiedlichsten Projekte entwickeln können. Die evangelische Kirchengemeinde, die Stadt Reutlingen und Privatleute haben 100.000 Euro für die Stiftung zur Finanzierung professioneller Nachbarschaftshilfe gesammelt.

Menschen im Süden von Reutlingen zusammenbringen

Alles begann mit zwanglosen Treffen. Ab und zu ein Kaffeekränzchen, um sich zu überlegen, wie man im Süden der Stadt Reutlingen die Nachbarschaft pflegen könnte. Inzwischen hat sich daraus eine professionell betreute Plattform entwickelt. Von der Altenhilfe über Männer- und Frauenstammtische, Strickcafé, Tanzkurs bis hin zu Quartiers-Flohmärkten oder politischen Gottesdiensten organisieren Ehrenamtliche viele Veranstaltungen, die die Menschen im Wohngebiet zusammenbringen.

Strick- und Häkelcafé als "lebenswert"-Beispiel

Einmal im Monat trifft sich rund ein Dutzend Frauen im Gemeindezentrum der evangelischen Kreuz-Kirche zum gemeinsamen Stricken und Häkeln. Einerseits geht es natürlich um die Handarbeit. Aber eine entscheidende Rolle spielt auch die Gemeinschaft. Da wird geplaudert, diskutiert, gelacht. Da werden Strick-Ratschläge und Häkel-Tipps gegeben, und ab und zu kommt auch jemand nur kurz vorbei, weil es daheim ein Problem gibt und man weiß: Hier wird einem geholfen.

Vom Kaffeeklatsch in Reutlingen zum bundesweiten Modellprojekt

Was im Kleinen begonnen hatte, konnte 2016 durch eine Spende der Glücksspirale ausgebaut werden. Als hauptamtliche Organisatorin wurde Mimi Böckmann eingestellt. Sie kümmert sich darum, die Ideen der Bürgerinnen und Bürger im Wohngebiet Ringelbach zu koordinieren und Wirklichkeit werden zu lassen.

Inzwischen haben Kirchengemeinde, Stadtverwaltung und viele Privatleute die Stiftung "Lebenswerte Nachbarschaft" als Träger sowie zur Finanzierung gegründet, und Mimi Böckmann bekommt Anfragen aus dem gesamten Bundesgebiet. Das Interesse am Erfolgsrezept der "lebenswert"-Initiative ist überaus groß.

Artenschutz, Wandertreff und Selbsthilfe

In einer Gaststätte im Wohngebiet trifft sich ein Männerstammtisch und plant Ausflüge. Im Wintergarten einer Nachbarin trifft sich eine Gruppe, um sich über Artenvielfalt in den Gärten Gedanken zu machen. In einem inklusiven Café tagt regelmäßig die Gruppe "Wir helfen uns", die Nachbarschaftshilfe für Ältere oder Erkrankte organisiert.


Eine der größten Aktionen ist der regelmäßig stattfindende Quartiers-Flohmarkt. Vor Garagen und Gartentörchen werden unzählige Stände aufgebaut. Die locken Kinder wie Erwachsene zu Shopping-Spaziergängen, bei denen durch Gespräche auch viele Kontakte geknüpft werden.

Tanzkurs, Lebensberatung und Rikscha-Fahren

Die Idee der ehrenamtlich Engagierten sind enorm vielfältig. Einer Anwohnerin fiel auf, dass einige ältere Menschen gerne einen Tanzkurs machen würden, sich aber in den Tanzschulen überfordert fühlen. Daraufhin schlug die Tanzbegeisterte vor, einen Tanzkurs anzubieten. Mimi Böckmann kümmerte sich um die Organisation und die Räume. Ähnlich lief es, als Menschen sich zum Singen von Fahrtenliedern treffen wollten.

Es gibt darüber hinaus eine Wandergruppe, Kooperationen mit einem Jugendhaus im Quartier und mit sozialen Einrichtungen der Bruderhaus-Diakonie. Da werden etwa von "lebenswert" Fahrrad-Rikschas gekauft, um Mobilitätseingeschränkte spazieren zu fahren.

Über 15.000 Menschen leben im Einzugsgebiet

Inzwischen reicht das Einzugsgebiet weit über das ursprüngliche Ringelbach-Quartier hinaus. Mimi Böckmann geht von rund 17.000 Menschen aus, die von "lebenswert" erreicht werden können. Wer Ideen habe, sei jederzeit willkommen, sagte Böckmann im SWR-Interview.

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