Boris Palmer (Bündnis 90Die Grünen), der Oberbürgermeister von Tübingen, spricht bei einem Pressetermin zur Vorstellung eines Bauvorhabens für Solaranlagen mit Journalisten. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

Grünen-Ausschlussverfahren

Kretschmann: Nur Parteitag könnte im Fall Palmer neu entscheiden

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Die Kritik am Ausschlussverfahren der Grünen gegen den Tübinger OB Palmer nimmt zu. Ministerpräsident Kretschmann und der Grünen-Europaabgeordnete Bütikofer kritisierten den geplanten Rauswurf.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat eine neue Abstimmung bei einem Grünen-Landesparteitag über das Ausschlussverfahren gegen den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer ins Gespräch gebracht. "Wir haben einen Parteitagsbeschluss zu diesem Ausschlussverfahren, das hat der Palmer selber befürwortet. Das Problem kann nur ein Parteitag lösen", sagte Kretschmann am Dienstag in Stuttgart. Er bekräftigte seine Kritik an dem Verfahren: "Das ist nicht der Weisheit letzter Schluss."

Auch Bütikofer skeptisch über "missliche Angelegenheit"

Neben Kretschmann hat sich nun auch der Grünen-Europaabgeordnete und frühere baden-württembergische Parteichef Reinhard Bütikofer skeptisch gegenüber eines Ausschlussverfahrens geäußert. Zwar sei das Verfahren eine baden-württembergische Angelegenheit und die Landespartei müsse sich auch mit Kritik daran auseinandersetzen, sagte Bütikofer der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Dazu braucht es keine Ratschläge aus Brüssel." Doch dann betonte der frühere baden-württembergische Parteichef: "Es ist ja offenkundig, dass Omid Nouripour, unser Vorsitzender, Recht hat, wenn er die ganze Angelegenheit als misslich bezeichnet. Ich weiß nicht, wie man sich eine OB-Wahl in Tübingen vorstellen soll unter dem Schatten dieses Verfahrens."

Ab März soll über Rauswurf Palmers verhandelt werden

Ein Landesparteitag hatte Anfang Mai 2021 beschlossen, das Ordnungsverfahren gegen den wegen seiner Provokationen umstrittenen Rathauschef anzustrengen. Das Landesschiedsgericht wird womöglich im März offiziell beginnen, über den Rauswurf Palmers zu verhandeln. Sein Anwalt Rezzo Schlauch erwägt aber noch, die Frist für seine Antwort auf den Ausschlussantrag des Landesvorstands zu verlängern. Schließlich habe der Landesvorstand neun Monate gebraucht, um ihm den Antrag offiziell zu überstellen. Aus der Grünen-Spitze hieß es, Schlauch habe den Antrag schon Mitte November bekommen. Dem umstrittenen Grünen-Politiker Palmer droht der Ausschluss, weil ihm seine Partei kalkulierte Tabubrüche und Entgleisungen vorhält. 

Tübingen wählt im Herbst neuen OB

Das Verfahren ist auch deshalb von großer Bedeutung, weil im Herbst in Tübingen die OB-Wahl ansteht. Der 49-jährige Palmer will als unabhängiger Kandidat antreten. Der nächste Landesparteitag sei für Ende September geplant, sagte eine Grünen-Sprecherin der dpa. Theoretisch gibt es auch die Möglichkeit eines Sonderparteitags - zum Beispiel auf Verlangen von mindestens einem Fünftel der Kreisverbände oder von 10 Prozent der Mitglieder.

Palmer hatte seine Kandidatur als unabhängiger Kandidat bei der Tübinger OB-Wahl angekündigt. Parallel dazu sammeln zahlreiche Unterstützer Unterschriften für die Wiederwahl Palmers. Auf einer dieser Unterstützerlisten waren jedoch falsche Namen aufgetaucht.

So hatte SWR-Aktuell über Palmers geplanten Antritt als unabhängiger Kandidat berichtet:

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SWR