Er hat es wieder geschafft. Nicht mehr so beeindruckend wie vor acht Jahren, als Boris Palmer seinen Chefsessel im Tübinger Rathaus mit über 60 Prozent Zustimmung verteidigt hat - aber immerhin: Mehr als die Hälfte der Tübinger hält auch weiter zu ihm. Trotz seiner Art Politik zu machen. Flüchtlinge herabwürdigen und kriminalisieren, Presse bei unangenehmer Berichterstattung unter Druck setzen, in der Partei Ärger machen, wenn ihm Entscheidungen nicht passen. All das haben die Tübinger mit ihrer Wahlentscheidung - bewusst oder unbewusst - abgesegnet.
Palmer sagte am Wahlabend, er habe mit Vizekanzler Robert Habeck und dem baden-württembergischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne) Kontakt gehabt und ihnen versichert, dass er sich wieder mehr einbringen wolle in der Partei. Nach vielen Jahren, in denen er sich nicht aktiv an Debatten beteiligt, sondern lieber via Medien quer geschossen hat, wenn ihm mal wieder etwas nicht gepasst hat. Wenn er es mal wieder besser wusste als alle anderen.
Nach Wiederwahl in Tübingen: Kann Palmer sich ändern?
Sollte es Palmer tatsächlich gelingen sich zu ändern? Viele bei den Grünen bezweifeln das. Im Gegenteil: Sie glauben, dass seine Rechthaberei und seine Egotrips noch schlimmer werden könnten - denn die Wiederwahl sei ja fast ein Freifahrtschein, der sagt: weiter so. Der Streit zwischen Palmer und der Partei hat tiefe Gräben hinterlassen. In Tübingen hat er die Parteibasis gespalten. Denn neben Palmer als unabhängigem Kandidaten war auch eine offizielle Kandidatin der Grünen angetreten.
Jetzt gilt es, diese Gräben wieder zuzuschütten. Möglich wäre das aber nur, wenn Palmer tatsächlich große Schritte auf die Partei zu macht. Doch Vermittlungsversuche zwischen Boris Palmer und der Partei sind in den vergangenen Jahren immer wieder gescheitert. Und Boris Palmer selbst hat im Wahlkampf immer wieder betont: Er sei eben impulsiv - und er lasse sich nicht verbiegen. Versöhnung klingt anders.