Ob es an der Klimaerwärmung liegt oder einfach nur an einem ungewöhnlich warmen Frühling ist nicht so leicht zu beantworten. Wetterbeobachter und Forschende in der Region versuchen herauszufinden, ob die Pflanzen wirklich immer früher blühen.
Ulrich Reihling kennt die Pflanzenwelt rund um Hohenstein auf der Schwäbischen Alb in und auswendig. Der pensionierte Biolandwirt beobachtet seit neun Jahren für den Deutschen Wetterdienst, wann die ersten Schneeglöckchen und die ersten Kirschbäume blühen. Insgesamt hat er das gesamte Jahr über mehr als 50 Pflanzenarten und ihre verschiedenen Wachstumsstadien im Blick. Die Blüte bestimmter Pflanzen zeigt an, in welcher Jahreszeit wir uns befinden.
In ganz Deutschland sind es mehr als 1.000 Menschen, die für den Deutschen Wetterdienst ehrenamtlich die Pflanzenwelt beobachten. Reihling ist der einzige im Kreis Reutlingen. Ihm liegt die Beobachtung der Pflanzen am Herzen.
Einen klaren Trend, dass die Pflanzen immer früher im Jahr blühen, konnte Ulrich Reihling in den vergangenen neun Jahren allerdings nicht beobachten, sagt er. Dafür brauche es Langzeitdaten über verschiedene Regionen hinweg, sagt die Tübinger Biologin Franziska Willems.
Für ihre Doktorarbeit hat die Biologin über 6.000 Papierbögen mit Pflanzen analysiert, die in den letzten 200 Jahren in Europa gepresst wurden. Und diese blühenden Pflanzen wurden vor 100 Jahren im Schnitt rund eine Woche später gefunden als heute.
Für die Botanikerin gibt es dafür, dass die Pflanzen früher blühen, nur eine Erklärung.
Pro Grad Celsius Erwärmung seien die Pflanzen etwa dreieinhalb Tage früher dran, erläutert Willems. Die frühere Blüte bringt dann auch die Tierwelt durcheinander. So verpassen sich beispielsweise manche Blüte und manche Biene, weil sie nicht mehr gleichzeitig unterwegs sind. Wie gravierend das zeitliche Missverhältnis zwischen Tier und Pflanzenwelt wirklich ist, wollen die Forscher in einer weiteren Studie herausfinden.