An Wahlveranstaltungen in Hallen oder auf großen Plätzen mit bekannten Bundespolitikern als Zugpferden ist in Corona-Zeiten nicht zu denken. Deshalb hat sich der Wahlkampf in diesem Jahr vor allem ins Internet verlagert - auf die Homages der Kandidatinnen und Kandidaten und in digitale Konferenzen mit Livestreams und Einblendungen aus privaten Wohnzimmern. Ebenso präsent: mehr oder weniger professionelle Videos der Kandidatinnen und Kandidaten in den sozialen Netzwerken.
Wie empfinden Erstwähler den Wahlkampf?
Für den 21-jährigen Mahmoud Ahma aus Tübingen-Kilchberg ist es das erste Mal in seinem Leben, dass er an einer Wahl in Deutschland teilnehmen kann. Denn er ist nicht nur jung, sondern auch erst seit Kurzem offiziell deutscher Staatsbürger.

Der 21-Jährige ist vor acht Jahren mit seinen Eltern und vier Geschwistern aus Syrien nach Deutschland geflüchtet. An einem Gymnasium hat er vergangenes Jahr sein Abitur gemacht. Nun darf er zum ersten Mal wählen. Keine Selbstverständlichkeit für Mahmoud Ahma, wie er betont.
"Jede Stimme zählt bei der Wahl und ich will auch aktiv die Politik beeinflussen und nicht andere für mich entscheiden lassen."
Das sieht Malin Krauß aus Tübingen genauso. Die 18-jährige Schülerin hat bereits gewählt - per Brief.
"Wählen ist super wichtig. Die Richtigen zu wählen, ist super wichtig. Gerade als junger Wähler hat man das Privileg, Entscheidungen zu treffen für die Zukunft."
Wer sind die Richtigen? Welche Partei sollte man wählen? Malin Krauß hat sich dazu vor allem in den sozialen Netzwerken informiert. Aber auch andere Tools im Internet waren für sie hilfreich.
Wahlkampf wurde durch Corona digitaler
Viele Kandidatinnen und Kandidaten haben für ihren Wahlkampf ein Video über sich und ihre Inhalte drehen lassen und dann als Werbung verschickt. Die kommen bei den jungen Wählern nicht immer gut an: Manche Videos seien informativ, die könne man sich durchaus anschauen. Andere seien ziemlich nervig, sagt Jan Nordmann.
"Blöde Videos sind für mich Videos, die sehr polarisierend sind, die einen zuballern - mit lauter Musik, mit Tönen, mit aufbrausenden Nachrichten."
Was sind wichtige Themen für junge Wähler?
Bei der Antwort auf die Frage, was denn wichtige Themen für sie seien, sind sich die drei jungen Wähler weitgehend einig: Für Malin Krauß sind die Kernthemen vor allem Feminismus, eine Frauenquote und das Thema Aus- und Weiterbildung. Für Mahmoud Ahma sind besonders Umweltthemen und eine gute Integration von Menschen aus anderen Ländern wichtig - und auch bei Jan Nordmann taucht das Stichwort Klima auf. Für seinen Geschmack aber teils zu häufig.
Alle drei Tübinger waren schon mal auf einer Demo gegen den Klimawandel oder Rassismus. In eine Partei oder ein politisches Gremium drängt es keinen der drei. Über die deutsche Geschichte haben sie viel in der Schule gelernt. Die offene demokratische Gesellschaft, in der sie aufgewachsen sind, wollen sie erhalten.