Kaspar Pfister, der Inhaber der Pflegeheimgruppe, erinnert sich noch an den Moment im November, als er den Leiterinnen und Leitern seiner 26 Pflegeheime verkündete: Ab Dezember müssen alle Mitarbeiter geimpft sein. Er blickte in erschrockene Gesichter, erzählt er dem SWR. Die Heimleiterinnen hatten schon die Lücken im Dienstplan vor Augen. Ihre Sorge: Personalmangel. Aber dazu kam es nicht.

Für Corona-Schutzimpfung in Pflegeheimen geworben
Kaspar Pfister hat gerödelt und für seine Impfvorgabe geworben. Es gab zum Beispiel Eierlikör nach jedem gemachten Piks, Bonuszahlungen und viel Überzeugungsarbeit. Mit dem Ergebnis, dass von den rund 260 ungeimpften Beschäftigten im Dezember heute noch 34 übrig sind, so Pfister. Sie sind seit 1. Dezember 2021 freigestellt und bekommen weiterhin ihr Gehalt.
Impfquote von rund 80 Prozent auf 98 Prozent erhöht
Alle anderen Mitarbeitenden – egal ob in der Pflege, Küche oder Haustechnik – seien genesen oder geimpft. 34 von rund 1.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – für Pfister ein Erfolg. Die 34 sind nun spätestens ab Mitte März von der gesetzlichen, einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffen, wenn sie denn kommt . Pfister will seinen Kolleginnen und Kollegen in der Pflegebranche Mut machen: "Keine Angst vor Personalmangel!", sagt er.
Drohungen wegen der Impfvorgabe
Kaspar Pfister hat nicht nur Zustimmung für seine Entscheidung bekommen. Es landeten auch Drohmails und Drohbriefe in seinem Postfach. Er liest sie nicht, sagt er, seine Mitarbeiterinnen nehmen ihm das ab. Die Polizei ermittelt in manchen Fällen. Für ihn zähle, dass sein Weg funktioniert und er bestenfalls so Menschenleben schützt.
"In den vergangenen zwei Jahren sind 44 Bewohnerinnen und Bewohner und ein Mitarbeiter an oder mit dem Coronavirus gestorben. Das ist keine Übersterblichkeit bei uns, aber es ist immer ein Schicksal. Jedes Mal stelle ich mir die Frage: Habe ich alles getan, um diese Leben zu schützen?
Pfister: „Wir brauchen Klarheit in der Pandemie“
Der BeneVit-Chef hat wenig Erwartungen an das Bund-Länder-Treffen am Mittwoch. Zu oft wurde er von einem politischen Hin und Her, „der Verwirrung in Reinkultur“, wie er es nennt, enttäuscht. Er wünscht sich, dass Politikerinnen und Politiker mehr Mut zu klaren Entscheidungen haben, auch unbequemen. Und er hätte gern, dass die Regierung mehr Vertrauen in diejenigen hat, die die Regeln umsetzen und Eigenverantwortung übernehmen im Bemühen, das Richtige zu tun.
Kritik an Diskussion um Aussetzung der Impfpflicht
Auch die jüngste Diskussion von Seiten der CDU/CSU über die bereits entschiedene einrichtungsbezogene Impfpflicht stört den BeneVit-Chef. Dass für die Kontrolle der Umsetzung die bereits überlasteten Gesundheitsämter eingespannt werden, hält er für unnötig. Er wisse als Geschäftsleiter viel eher und besser, wer in seinen Teams geimpft und nicht geimpft ist.
"Denkt eigentlich noch irgendjemand an uns, die wir im Alltag und in der Praxis stehen und das Tag für Tag umsetzen müssen? Ich habe es mir abgewöhnt, mich da permanent treiben zu lassen. Ja, wir setzen Gesetze um, aber wir finden und machen unseren eigenen Weg, im Zweifel immer mehr, als die Normen es von uns verlangen. Aber es macht verrückt!"
Mitarbeiterinnen ziehen mit und unterstützen Impfpflicht
Die Leiterin des "Haus Raichberg" in Albstadt-Onstmettingen (Zollernalbkreis), Corinna Sauter, steht voll und ganz hinter der Impfpflicht in der Pflege. Vor kurzem kam ihre letzte fehlende Pflegekraft aus der Freistellung zurück – geimpft, sagt Sauter. Im Nachhinein habe sich die Kollegin geärgert, dass sie sich nicht schon früher hatte impfen lassen. Sie war verunsichert und hatte Angst vor der Impfung, erzählt die Einrichtungsleiterin. "Jetzt sind wir froh, dass sie wieder bei uns ist", sagt Corinna Sauter.
Im "Haus Raichberg" wünschen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass die gesamte Bevölkerung mitmacht. Eine Impfpflicht für alle solle kommen – "zum Schutz aller", sagten sie im Gespräch mit dem SWR.