Nach tragischem Unfall auf Nagolder Flugfest

Mann aus Haiterbach steuert trotz Querschnittslähmung Segelflieger

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Anette Hübsch
Anette Hübsch ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen. (Foto: SWR, Jochen Krumpe)

Bei einer Kunstflug-Einlage mit einem historischen Segelflieger brach eine Tragfläche ab. Peter Schuon vom Flugsportverein Nagold ist seitdem auf einen Rollstuhl angewiesen. Das Fliegen gibt er deshalb nicht auf.

Ein Albtraum: Beim jährlichen Nagolder Flugfest war Peter Schuons Kunstflug mit einem historischen Segelflieger der erste und letzte Programmpunkt. Das Fest wurde abgebrochen, weil das Segelflugzeug in der Luft zerbrach.

Mann im Rollstuhl neben einem Segelflieger (Foto: SWR, Anette Hübsch)
Peter Schuon wollte sicht nicht hängen lassen. Jetzt fliegt er wieder.

Ein harter Gegenstand traf Schuon im Nacken und löste eine Lähmung seiner Arme aus. Ohne sein Zutun sprang der Fallschirm auf, verfing sich dann aber in einem Baum. Schuon erlitt schwerste Rückenverletzungen. Seitdem ist er auf einen Rollstuhl angewiesen.

"Dass ich das überleben konnte, das war höhere Fügung. Da waren viele Schutzengel im Einsatz. Ich glaube an Gott, und der hat da irgendwo noch was vor, und dann muss man das positiv annehmen."

Für ihn war das aber kein Grund, mit der Fliegerei für immer aufzuhören. Der Schreinermeister aus Haiterbach, Chef eines mittelständischen Unternehmens, saß bereits nach einem halben Jahr wieder in einem Flugzeug. Er wollte wissen, ob sein Körper noch die Beschleunigungskräfte bei einem Flug ertragen kann. Freunde setzen ihn als Passagier in ein Motorflugzeug, es ging alles gut.

Umbau, Flugstunden, Abheben

Als nächstes wollte er wieder selber fliegen. Sein Ultraleichtflugzeug ließ er umrüsten, so dass er mit den Händen statt mit den Füßen beispielsweise Gas geben kann. Er nahm Flugstunden, um die neue Technik zu erlernen, und wagte sich wieder alleine in die Luft.

Segelflugplatz (Foto: SWR, Anette Hübsch)
Der Weg zum Flugzeug mag mit dem Rollstuhl beschwerlich sein. In der Luft genießt Schuon die Freiheit.

Die nächste Herausforderung: Schuon wollte wieder Segelfliegen. Das bezeichnet er schmunzelnd als "Pilotprojekt", mit dem er hofft, auch vielen anderen Menschen mit Behinderungen Mut zu machen. Der Flugsportverein Nagold rüstete einen vereinseigenen Zweisitzer um. Seit Kurzem kann der 59-Jährige wieder alleine segelfliegen.

Segelflugzeug (Foto: SWR, Anette Hübsch)
Im September 2016 war Schuon bei einem Kunstflug abgestürzt. Jetzt kann er wieder alleine einen Segelflieger steuern.

Er rollt aufs Flugfeld, parkt den Rollstuhl neben dem Segelflieger und hievt sich geschickt mit den Armen ins Cockpit. Vereinsfreunde geben bei Bedarf Hilfestellung. Peter Schuon holt per Funk die Freigabe beim Flugleiter ein, dann zieht die Seilwinde den Segelflieger in die Luft.

"Es gibt wahrscheinlich wenige, die das nochmal so machen würden, nach einem Fast-Absturz. Und er hat sich da eisern dahinter geklemmt, ist von Anfang an dahinter gestanden. Mehr kann man nicht wollen oder sich wünschen."

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