Ägyptologen haben im antiken Athribis mehr als 18.000 beschriftete Tonscherben geborgen. Die Tonscherben sind nach Angaben der Tübinger Universität Überreste von Gefäßen. Sie wurden vor etwa 2000 Jahren als Schreibmaterial genutzt. Die Fachleute nennen sie "Ostraka". Beim Entschlüsseln der Schriftzeichen fanden die Forscher Namenslisten, Berichte über Geschäfte mit Lebensmitteln, Alltagsgegenständen und sogar Schriften aus einer Schule. Unter anderem stießen sie auf Strafarbeiten von Schülern.

Forschungsteam aus Tübingen entdeckt Rechen- und Grammatikaufgaben
Eine erstaunlich große Anzahl Scherben habe sich einer antiken Schule zuordnen lassen, so das Forschungsteam. Es stieß auf Listen mit Monatsnamen, Zahlen, Rechenaufgaben, Grammatikübungen und auch auf ein sogenanntes Vogelalphabet. Da wurde jedem Buchstaben ein Vogel zugeordnet, dessen Namen mit diesem Buchstaben begann. Eine dreistellige Anzahl an Ostraka zeigt zudem Schreibübungen, die das Team als Strafarbeiten einordnet. Die Scherben sind mit den immer gleichen ein oder zwei Zeichen beschrieben, sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite.

Ägyptische Tonscherben dokumentieren unterschiedliche Sprachen
Beim Stichwort Ägypten treten einem schnell die weithin bekannten Bildzeichen vor Augen, die oft an den Wänden in Pyramiden oder auf Sarkophagen zu finden sind. Doch rund 80 Prozent der Tonscherben aus Athribis sind in Demotisch beschriftet. Die Zeichen erinnern eher an ein arabisches Schriftbild. Demotisch war ab etwa 600 vor Christus die gängige Verwaltungsschrift zur Ptolemäer- und Römerzeit. Zu den zweithäufigsten Funden gehören Scherben mit griechischer Schrift. Das Team stieß aber auch auf Seltenheiten wie hieroglyphische und koptische Zeichen. "Als besondere Kategorie haben wir Bildostraka entdeckt", sagte Professor Christian Leitz vom Tübinger Institut für die Kulturen des Alten Orients. Diese Tonscherben zeigen unter anderem Tiere wie Skorpione und Schwalben, aber auch Götter aus dem naheliegenden Tempel.
Video-Rundgang durch die antike ägyptische Tempelanlage von Athribis
Forscher aus Tübingen legen Tempel von Kleopatras Vater frei
Die Tübinger Ägyptologie arbeitet bereits seit 2003 in Athribis. Zu Anfang war das Ziel, einen großen Tempel auszugraben und zu untersuchen. Der wurde vor rund 2.000 Jahren von Ptolemaios XII., dem Vater der berühmten Kleopatra VII. gebaut. Gewidmet war er der Löwengöttin Repit und deren Gemahl Min. Dieses Projekt ist mittlerweile abgeschlossen. Der Tempel ist jetzt sogar für Besucher geöffnet. Doch die Tübinger Forscher und ihre ägyptischen Partner graben weiter. Seit knapp vier Jahren sind sie dem nächsten Heiligtum auf der Spur. Im Schutt dieser Ausgrabungen wurden auch die rund 18.000 Scherben mit Schrift- und Bildzeichen entdeckt.