Ab Januar: Bürgergeld löst Hartz IV ab

Was die scheidende Leiterin des Jobcenters in Tübingen zum Bürgergeld sagt

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2023 kommt das Bürgergeld. Weniger Sanktionen, mehr respektvoller Umgang mit arbeitslosen Menschen. Darauf setzt das Tübinger Jobcenter schon lange.

Ellen Klaiber (Foto: Pressestelle, Agentur für Arbeit Reutlingen)

Das neue Bürgergeld löst am 1. Januar Hartz IV ab. Es ist eine Art Grundsicherung für arbeitslose Menschen. Das Bürgergeld wurde im Vorfeld von der Opposition scharf kritisiert und sie hat Änderungen durchgesetzt. Für die Ampel-Koalition in Berlin ist es die größte Sozialreform der vergangenen 20 Jahre. Die scheidende Leiterin des Jobcenters im Kreis Tübingen, Ellen Klaiber, ist darüber überrascht. Der respektvolle Umgang mit den Kundinnen und Kunden des Jobcenters sei schon lange Leitbild in Tübingen. Sanktionen stünden nicht im Vordergrund.

Sprache lernen und Qualifizierung hat Vorrang vor Vermittlung

Rund 70 Prozent ihrer Kundinnen und Kunden hätten keine berufliche Qualifizierung. Insofern habe Tübingen schon immer großen Wert darauf gelegt, die Menschen mitzunehmen, also zu fördern und in Ausbildung zu bringen, sagte Klaiber im SWR. Das sei die Basis für eine gute berufliche Existenz und das Weiterkommen. Das habe Tübingen bisher immer so gehandhabt. Dass im Bürgergeld der Vermittlungsvorrang nun wegfalle, sei für Tübingen nichts Neues.

"Wir haben schon immer nach Ausbildung und Qualifizierung gefragt und nicht, dass der schnelle Euro im Vordergrund steht."

Vorwurf: zu wenig Sanktionsmöglichkeiten

Laut Klaiber fehlt im neuen Gesetz nicht der Anreiz arbeiten zu wollen. Denn fast jeder wolle arbeiten, da Arbeit mehr bedeutet als nur den Lebensunterhalt zu verdienen. Arbeit bedeute auch soziale und gesellschaftliche Teilhabe. Man müsse wissen, dass das Tübinger Jobcenter 5.500 Menschen betreue, von denen 30 Prozent arbeiten.

"Die liegen nicht auf der faulen Haut. Fakt ist, dass ihre Einnahmen nicht reichen."

Niedrige Sanktionsrate im Jobcenter Tübingen

Jetzt besteht weiterhin die Möglichkeit gleich am ersten Tag das Geld zu kürzen, wenn sich Arbeitslose nicht an Vereinbarungen halten. Das hat die Opposition im Bundestag durchgesetzt. Auch Klaiber hält nichts davon, dass man Sanktionen gänzlich abschafft. Diese seien notwendig, wenn Menschen nicht mehr bereit seien mit dem Jobcenter zusammenzuarbeiten. Allerdings liege die Tübinger Sanktionsrate bisher unter zwei Prozent, und damit noch unter dem Landesdurchschnitt von etwa 2,5 Prozent. Man verhänge nur Sanktionen, wenn die Menschen nicht mehr kommen. Und das seien wirklich sehr wenige, weiß Klaiber.

Jobcenter als Dienstleister für hilfsbedürftige Menschen

Als sie die Leitung des Tübinger Jobcenters 2016 übernommen habe, sei ihr immer wichtig gewesen, dass die Behörde als Dienstleiter wahrgenommen werde. Es gehe vor allem darum, den Menschen zu helfen und sie wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu lassen. Und dazu gehöre nun mal Arbeit, so Klaibers Fazit. Und sie hofft zum Abschied, dass ihr das auch gelungen ist.

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