Besucher kritisieren Demonstranten und Polizei

Polizeischutz nötig: Demo blockiert Wahlveranstaltung mit AfD-Beteiligung in Tübingen

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Magdalena Knöller
Magdalena Knöller
Sandra Müller
Sandra Müller ist Redaktionsleiterin beim SWR im Studio Tübingen.

Rund 200 Menschen haben am Dienstagabend gegen ein Wahlpodium des "Schwäbischen Tagblatts" in Tübingen protestiert, weil auch die AfD eingeladen war. Besucher ärgerte, dass sie nicht hineinkamen.

Die Podiumsveranstaltung im "Kino Museum" in Tübingen konnte wegen eines Protests am Dienstagabend nur unter Polizeischutz stattfinden. Um 18:30 Uhr hätte der Saal für die Interessierten öffnen sollen, da war schon alles dicht. So haben es SWR-Reporter vor Ort erlebt. Rund 200 Demonstrierende zogen mit lautstarken Protestrufen und Plakaten vor die Türen. Die Polizisten bildeten eine Kette. Der Zugang war blockiert. Auch die Seiteneingänge waren zu dem Zeitpunkt nicht zugänglich. Ein antifaschistisches Bündnis mit dem Namen "Gemeinsam und Solidarisch gegen Rechts" hatte im Vorfeld zu der Demo gegen das Wahlpodium mit sechs Direktkandidatinnen und -kandidaten aus dem Wahlkreis Tübingen aufgerufen.

Polizei sichert Veranstaltung - Stimmung teils aufgeheizt

Die Polizei sicherte den Eingang zur Veranstaltung. Sie ließ die Demonstrierenden aber weitgehend gewähren. Der Protest war bei der Stadt angemeldet worden. Die Stimmung war teils aufgeheizt - so haben es SWR-Reporter vor Ort erlebt. Viele Interessierte wurden daran gehindert, in den Saal zu kommen. Einige von ihnen versuchten es erst gar nicht durch den Pulk und drehten frustriert um. Andere suchten im Tumult das Gespräch mit den Demonstrierenden - wohl vielfach vergeblich. "Sie haben nicht mit sich diskutieren lassen. Das ging gar nicht", wie ein Besucher dem SWR sagte.

Manche der Demonstranten sehen das als eine Nazi-Veranstaltung an. Ich finde das unglaublich, dass die wichtigste demokratische Veranstaltung in Tübingen blockiert wird. Eine schreckliche Entwicklung.

Die Tübingerin Uta Hofmann wollte zur Veranstaltung. Den Protest gegen die AfD finde sie gut, die Blockade aber nicht: "Ich hätte mir gern die Positionen der lokalen Politikerinnen und Politiker angehört. Hier sprechen ja auch andere auf dem Podium", sagte Hofmann verärgert. Besucher Mathias Wendler zeigte sich im Gespräch mit dem SWR enttäuscht darüber, dass die Polizei die Blockade der Veranstaltung nicht verhindert hatte. "Die Demo war eigentlich für in der Nähe angekündigt und nicht als Blockade", so Wendler.

Polizei weist Vorwürfe zurück

Die Polizei weist Vorwürfe, sie habe die Veranstaltung nicht ausreichend begleitet, zurück. Es sei nicht abzusehen gewesen, dass so viele Demonstranten kommen, so Polizeisprecher Lutz Jaksche. Man habe ursprünglich mit 50 Teilnehmern gerechnet. Als mehr Demonstranten kamen, habe man zusätzliche Kräfte aus Nürtingen angefordert. Auch eine Blockade sei nicht abzusehen gewesen.

"Wir haben versucht, den Zugang der Gegendemonstration zum Podium zu verhindern," so der Polizeisprecher. "Das haben wir geschafft." Interessierten Zuhörern habe man versucht, Zutritt zu verschaffen über Nebeneingänge. Das sei nicht in allen Fällen gelungen. "Schade."

Hausherr der Veranstaltung: Mulmiges Gefühl

Fabrizio Sanfilippo war Hausherr der Veranstaltung. Er ist Leiter der Tübinger Kinos. In einem der Kinosäle hat das Wahlpodium stattgefunden. Er sagt: "Die Polizei war verblüfft über die Menge der Demonstranten." Er habe sich anfangs mulmig gefühlt. "Aber ich habe mich nicht schlecht begleitet gefühlt." Er habe in Absprache mit der Polizei entschieden, keine weiteren Menschen mehr einzulassen. "Mir war das Wohl im Haus sehr wichtig - auch der anderen Kinogäste, die um die Uhrzeit ins Kino gegangen sind."

Das sagt eine Demonstrantin aus Tübingen zur Blockade

Demonstrantin Emma aus Tübingen war Teil derjenigen, die die Türen des Kinos blockiert hatten. Ihren Nachnamen nannte sie nicht. Sie sagte dem SWR: "Es geht nicht, der AfD eine Bühne zu geben. Wenn man eine demokratische Debatte haben will, dann mit Parteien, die demokratisch sind."

"Man redet nicht mit Nazis" - das fordern linke Aktivisten auf Plakaten bei ihrem Protest vor einer Wahlveranstaltung im Kino Museum in Tübingen.
Die Demonstrierenden fordern: kein Wahlpodium mit Beteiligung der AfD.

Die junge Tübingerin zeigte Verständnis gegenüber den Besucherinnen und Besuchern, die Interesse an der politischen Diskussion vor der Bundestagswahl haben. "Das ist total wichtig", so Emma. Gleichwohl signalisierte sie, demonstrieren reiche hier nicht aus - eine Blockade sei ihrer Meinung nach das Mittel der Wahl.

Wir fordern, dass die AfD bei der Veranstaltung nicht reden darf. Wir blockieren die Türen, damit die Veranstaltung ohne Zuschauer nicht beginnen kann.

Protestzug auf Neckarbrücke in Tübingen: Aktivisten forderten, dass bei einem Wahlpodium in Tübingen, der AfD-Kandidat ausgeladen wird.
Der Protestzug ging eine Stunde später vom Kino Museum die Mühlstraße hinunter und über die Neckarbrücke zum Hauptbahnhof.

Auch Verkehr in Innenstadt blockiert

Die Demonstration dauerte rund eine Stunde lang. Währenddessen kam es auch zu Verkehrsbehinderungen in der Innenstadt. Im angrenzenden Alten Botanischen Garten explodierten Feuerwerkskörper, beobachtete ein SWR Reporter. Mit etwa 20-minütiger Verspätung konnte die Veranstaltung im Kinosaal beginnen. Nur rund 80 Sitzplätze waren belegt. Die Veranstaltung im Saal verlief weitgehend störungsfrei. Ein Mensch wurde des Saals verwiesen, weil er einen Wortbeitrag des AfD-Kandidaten versucht hatte zu stören. Draußen packten gegen 19:30 Uhr die Vertreterinnen und Vertreter des antifaschistischen Bündnisses die Sprechanlage ein und zogen mit den rund 200 Demonstrierenden über die Neckarbrücke zum Hauptbahnhof. Eine Polizistin ist nach Angaben der Polizei bei dem Einsatz leicht verletzt worden. Ihr sei gegen das Schienbein getreten worden. Nun laufe ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt, so die Polizei.

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