Laut Polizei versammelten sich rund 5.000 Demonstranten überwiegend friedlich. Die Organisatoren selbst gaben an, dass sich 12.500 Menschen an dem Protest beteiligt hatten. Viele von ihnen mussten auf die Maskenpflicht aufmerksam gemacht werden. Sie protestierten gegen die bereits beschlossene Impfpflicht für die Pflege ab Mitte März und eine mögliche allgemeine Impfpflicht. Ursprünglich war der Corona-Aufzug mit 7.000 Teilnehmern angemeldet. Der Organisator der Demonstration ist selbst Pfleger und nicht geimpft.
Auf Plakaten und Transparenten brachten die Demonstranten ihren Unmut gegen die bestehenden Beschränkungen zum Ausdruck. Auf Bannern war zu lesen: "Wahlversprechen vor der Wahl: 'Impfpflicht niemals mit und', nach der Wahl: 'Zwangsimpfung' - 'Wir können diese Lügner nicht mehr wählen'. Auf anderen ist zu lesen: "#ichmachedanichtmit" oder '"Freiheitsräuber vor Gericht! Widerstand ist Pflicht!" Die Teilnehmer grölten, pfiffen mit Trillerpfeifen und trommelten. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz, unter anderem waren auch Beamte der Reiterstaffel vor Ort. Nach Veranstaltungsende wurde ein SWR-Fernsehteam von mehreren Personen umringt, gerufen wurde "Lügenpresse“. Polizeikräfte seien unmittelbar darauf vor Ort gewesen, zu strafbaren Handlungen sei es nicht gekommen, so die Polizei.
Ein Demonstrant versuchte SWR-Reporter Kay-Uwe Hennig mit Zwischenrufen zu stören:
Reutlinger OB Thomas Keck hält die Demos für ein gesellschaftliches Problem
Der Reutlinger Oberbürgermeister Thomas Keck (SPD) kann sich nicht erklären, warum gerade in Reutlingen regelmäßig große Corona-Demonstrationen stattfinden. Er wisse nicht, wer die Menschen sind, die regelmäßig in Reutlingen demonstrieren und auch nicht, woher sie genau kämen, sagte Keck am Samstagmorgen. Die Polizei habe ein einziges Mal bisher - am 18. Dezember - die Personalien von 500 Teilnehmern einer nicht angemeldeten Versammlung aufgenommen. "Damals waren etwa 45 Prozent aus der Stadt. Und ich glaube, nochmal 40 Prozent aus der Region, der Rest dann von weiter her", sagte Keck.

Die Demonstrationen gegen die Corona-Regeln in Reutlingen und vielen anderen Städten deuten nach Ansicht des Kommunalpolitikers auf ein gesellschaftliches Problem hin. "Wir haben es mit einer Liberalisierung aller, ausnahmslos aller Lebensbereiche zu tun. Sie können heute leben, wie Sie wollen, wo Sie wollen, mit wem Sie wollen, in welcher Art Sie wollen", so Keck. Es gebe keine Konventionen mehr, persönlicher Freiheit seien nahezu keine Grenzen gesetzt.
"Pflichten will keiner haben, aber alle Rechte."
Die Pflicht der Bürger sei es jetzt, andere zu schützen. "Und diese Pflicht wird von einer Vielzahl von Menschen in unserer Gesellschaft nicht gesehen und nicht gelebt. Ja, es wird sogar dagegen protestiert", sagte Keck. Der Staat habe die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Mehrheit geschützt werde. Und das schmecke nicht allen.
Mehrere Strafverfahren vergangenen Samstag eingeleitet
Bereits vergangenen Samstag waren in Reutlingen bei einem Aufzug vom Bürgerpark durch die Innenstadt zwischen 18 und 20 Uhr nach Polizeiangaben rund 7.500 Personen zusammen gekommen. Die Demonstration gegen eine Impfpflicht und die allgemeinen Corona-Maßnahmen war ursprünglich mit 5.000 Teilnehmern angemeldet. Es seien mehrere Strafverfahren eingeleitet worden, unter anderem wegen Beamtenbeleidigung und weil im Bereich der Rednerbühne Polizisten angegangen oder bedroht worden seien, so die Polizei.