Neben der Christuskirche klafft ein Bauloch. Da stand mal das Pfarrhaus. Auf einem Sandhaufen stecken mehrere Spaten. Projektleiter, Kirchenleute und Vertreter des Landes sind gekommen, um symbolisch Erde in das Loch zu schaufeln. An diesem kalten, verregneten Mittwoch ist offizieller Baubeginn am Rand der Innenstadt.
Die Evangelische Kirche Reutlingen plant ein großes Diakonisches Zentrum. Dafür wird die Christuskirche aus dem Jahr 1936 umgebaut, drei weitere Häuser auf dem Gelände entstehen neu. "Ein Mega-Projekt für die Kirche und die Stadt", so Reutlingens Oberbürgermeister Thomas Keck (SPD), der sich ebenfalls einen Bauarbeiterhelm und einen Spaten geschnappt hat. Mega sind nicht zuletzt auch die Baukosten: 22 Millionen Euro.

"Ziel ist es, einen vielfältigen Ort der Begegnung zu schaffen, barrierefreie Beratungseinrichtungen bereitzustellen und bezahlbaren Wohnraum für zirka 30 Personen zu ermöglichen, darunter auch für Menschen mit Behinderung", so Projektleiter Frank Ziegler.
Neue Wohnungen in Reutlingen: Niedrige Mieten und geringe Heizkosten
Insgesamt werden 22 Wohnungen gebaut. In einem der drei Neubauten entstehen zum Beispiel im ersten und zweiten Stock Wohnungen für WGs mit jeweils vier bis maximal sechs Personen. Auch Einzel-Appartements sollen gebaut werden, mit jeweils 44 m² oder 34 m². Geplant ist, dass die Miete auf Basis einer Landesförderung rund ein Drittel günstiger ist als die ortsübliche Vergleichsmiete. Die Wohnungen sind barrierefrei zugänglich und zentrumsnah, sie werden vom Diakonieverband verwaltet. Durch einen hohen Energiestandard (KFW 40) und eine Geothermieanlage fallen vergleichsweise geringe Heizkosten an. Im Sommer kann über die Geothermie auch gekühlt werden.
Christuskirche bleibt Kirche - sie wird nicht entweiht
"Die Christuskirche wird als sakraler Ort bestehen bleiben" betont Projektleiter Ziegler. Auch wenn es starke bauliche Veränderungen geben wird. Sie bleibt am Ende als "öffentlicher Ort der Begegnung" in kirchlicher Trägerschaft erhalten. So soll es weiterhin Gottesdienste, Taufen und Konfirmationen, aber auch Konzerte und Konferenzen geben. Im Südflügel soll ein Café entstehen.

Der Diakonieverband bekommt mit dem Diakonischen Zentrum "ganz neue Möglichkeiten", freut sich Geschäftsführer Joachim Rückle. "Unsere Beratungsangebote können künftig in räumlicher Nähe stattfinden". Im Erdgeschoss in zwei Neubauten wird die Diakonie Büros zum Beispiel für die Suchtberatung und für Selbsthilfegruppen bekommen. "Außerdem findet die Vesperkirche einen guten und geeigneten Raum mit mehr Platz für Gäste", so Rückle.
22 Millionen Euro Baukosten: Die Hälfte übernimmt die Kirche
Die gigantische Bausumme von 22 Millionen Euro ist eine Herausforderung für die Bauherren. "Wir sind zuversichtlich, dass wir nicht mit unerwarteten Kostensteigerungen rechnen müssen", so Projektleiter Frank Ziegler. Gut die Hälfte der Kosten trägt die Kirche. Ein Teil wird über Zuschüsse vom Land finanziert. Außerdem bekommt die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Reutlingen Hilfe über Bundesmittel in Form von zinslosen Krediten. In spätestens zwei Jahren soll das Diakonische Zentrum fertig sein.