"Erhobener Mittelfinger gehört zum Alltag"

Kreise Tuttlingen, Zollernalb und Calw: Aggressionen gegen Straßenarbeiter nehmen zu

Stand

Von Autor/in Judith Hüwelmeier

Beleidigungen, lautes Hupen, zu schnelles Fahren an Baustellen: Pöbeleien gegen Straßenarbeiter in der Region gehören zum Alltag. Immer wieder erstatten Landkreise Anzeige.

Mitarbeiter der Straßenmeistereien reparieren und warten Straßen, pflegen Gehölz und sichern Baustellen ab. Immer wieder werden sie dabei angepöbelt, beschimpft oder müssen sich vor Autos in Acht nehmen, die an ihnen vorbeirasen. Das bestätigen nahezu alle Landkreise vom Nordschwarzwald bis zum Bodensee. An vielen Orten habe die Aggressivität spürbar zugenommen.

Beschimpfungen, Beleidigungen und Hupen

So etwa im Zollernalbkreis. Beschimpfungen, beleidigende Gesten oder Anhupen komme im Baustellenbereich "quasi täglich" vor, so ein Sprecher des Kreises. Körperlich angegangen worden sei noch niemand, aber sobald der Verkehr eingeschränkt ist, komme der Egoismus durch. Ähnliches ist aus den Kreisen Tuttlingen und Calw zu hören.

Körperliche Angriffe gegen Straßenarbeiter

Auch in Reutlingen berichten Straßenwärter von Konflikten mit Autofahrern, während sie etwa Tagesbaustellen einrichten. "Einmal wurde ein Mitarbeiter sogar nicht nur verbal angegangen, sondern in den Rücken getreten", so das Landratsamt.

Im Kreis Rottweil habe man Anzeige gegen einen Verkehrsteilnehmer erstattet, der direkt auf einen Straßenarbeiter zugefahren sei, als dieser gerade Verkehrszeichen für eine Baustelle aufgestellt habe. Danach sei der Mitarbeiter beschimpft und bedroht worden, so Andrea Schmider vom Landratsamt Rottweil.

Der erhobene Mittelfinger gehört zum Alltag der Kolleginnen und Kollegen, die sich um die Instandsetzung unserer Straßen kümmern.

Hinzu komme, dass Auto- und Lastwagenfahrer immer häufiger Absperrungen ignorieren, umfahren und sogar wegschieben. Gerade nachts, wenn Straßenwärter Tunnel Instand setzen, komme es sehr oft vor, dass Autos trotzdem durchfahren, so Schmider. "Damit verstoßen die Verkehrsteilnehmer nicht nur gegen die Straßenverkehrsordnung, sondern nehmen bewusst in Kauf, dass sie Menschen in Lebensgefahr bringen."

Straßenarbeiter entfernen am Morgen eine Absperrung am Frankfurter Main. (Symbolbild)
Statistiken führen die Landratsämter nicht. Die Aggressivität der ungeduldigen Verkehrsteilnehmer habe spürbar zugenommen, heißt es etwa aus den Kreisen Tuttlingen und Calw.

Noch drastischer stelle sich die Situation für Kollegen der Autobahnmeisterei dar. Ein Kollege, der früher dort gearbeitet hat, habe berichtet, dass er und sein Team immer wieder aus den Cockpits der Lastwagenfahrer mit Urinflaschen beworfen worden sein. Teilweise wären diese über ihnen ausgeleert worden.

Verkehrsministerium: Keine Zahlen zu Straftaten

Zahlen zu aggressiven Handlungen oder gar Straftaten gegen Mitarbeiter auf Baustellen gibt es laut Verkehrsministerium nicht. "Wir nehmen das Thema ernst", sagte ein Sprecher des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Im landeseigenen Aus- und Fortbildungszentrum der Straßenbauverwaltung in Nagold würden angehende Straßenwärter gezielt auf mögliche Konfliktsituationen vorbereitet.

Auch in Reutlingen wird darüber nachgedacht, wie man Mitarbeiter für derartige Situationen fit machen und schützen kann, heißt es aus dem Straßenbauamt. Mitarbeiter würden ermutigt, die Vorfälle zu melden, damit sie eingeordnet und entsprechend zur Anzeige gebracht werden können.

In Tuttlingen gibt es alle zwei Jahre ein Training, bei dem Straßenarbeiter für den Fall von Anfeindungen geschult werden. Das Landratsamt Sigmaringen gibt an, ernstzunehmende Beleidigungen und Belästigungen anzuzeigen.

Weniger Aggressionen rund um Tübingen

Rund um Tübingen und Freudenstadt scheint die Lage entspannter zu sein. In Tübingen seien Pöbeleien gegenüber Mitarbeitern der Straßenmeisterei eher Einzelfälle, so das Landratsamt. Eine klar steigende Tendenz könne man nicht bestätigen.

In Freudenstadt habe der Respekt gegenüber den "Männern in orange" zwar nachgelassen, die Mitarbeiter seien aber stark genug, um sich mit Worten zu wehren - eine entsprechende Schulung brauche es nicht, so eine Sprecherin.

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