Die Geschichte beginnt in den 1960er Jahren: Die Wirtschaft boomt. Den Menschen geht es gut. Der Flugverkehr nimmt zu. Bald ist der baden-württembergischen Landesregierung unter dem damaligen CDU-Ministerpräsident Hans Filbinger klar: Der Stuttgarter Flughafen wird langsam zu klein. Man will einen neuen Großflughafen bauen und nimmt dafür drei Standorte ins Visier - einer davon ist der Schönbuch.
SWR Reporterin Ulrike Mix erzählt, wie es zum Naturpark Schönbuch kam
Angedacht war das Gebiet zwischen Dettenhausen, Walddorf und Bebenhausen. 1.100 Hektar Wald hätten gerodet werden müssen, erzählt der Geschäftsführer der Naturparkverwaltung, Mathias Allgäuer. Der Standort hatte auf den ersten Blick Vorteile:
Doch schnell formierte sich Widerstand: Die Bevölkerung machte gegen den geplanten Großflughafen im Schönbuch mobil - mit Informationsveranstaltungen, Massendemonstrationen und Flugblättern.
Tübinger Landrat Klumpp organisiert den Protest
Es ging nicht nur um die geplante Abholzung des Waldes. Es ging auch um Lärmbelästigung: Alle zweieinhalb Minuten hätte ein Flugzeug starten oder landen sollen. Die Uni Tübingen befürchtete, dass das ihre sensiblen Messgeräte beeinflussen könnte. Der Tübinger CDU-Landrat Oskar Klumpp setzte sich an die Spitze der Protestbewegung und organisierte den Widerstand.
Alarmstimmung auch beim Forst
Auch beim Forst war man alarmiert, erzählt Peter Weidenbach. Er lebt heute in Bad Liebenzell (Kreis Calw) und war damals Assistent der Abteilungsleitung in der Forstdirektion Südwürttemberg-Hohenzollern. Weidenbach erhielt zunächst den Auftrag, die Lärmbelastung durch einen Großflughafen zu durchleuchten. Er, der Forstmann, holte sich Daten von verschiedenen Ämtern, wie er sagt. Daraus entwickelte er eine Karte, die die zu erwartende Lärmbelastung aufzeigte. Die sei immens gewesen - auch im besiedelten Umland.
Neuland: Der Schönbuch als Erholungsraum
Dann betrat Weidenbach weiteres Neuland: Er sollte die Rolle des Schönbuchs für Boden, Wasser, Klima und Luft erläutern - und seine Funktion als Erholungsraum. Heute normal. Damals ein Novum. 20 junge Förster zählten parkende Autos am Waldrand und befragten Waldbesucherinnen und Waldbesucher, wann, wie oft und woher sie in den Schönbuch kamen.
Die Befragung unterstrich den Wert des Waldgebiets und war sicher ein Grund, warum die Landesregierung schließlich von der Idee, dort einen Großflughafen zu bauen, abrückte.
Der Schwäbische Albverein hilft bei der Rettung des Schönbuchs
Ein geologisches Gutachten warnte außerdem vor Problemen beim Bau eines Großflughafens im Schönbuch, sagt Naturpark-Geschäftsführer Mathias Allgäuer. Einen großen Anteil an der Rettung des Schönbuchs hatte aber der Schwäbische Albverein. Dessen Vorsitzender Georg Fahrbach verbündete sich mit dem Tübinger Landrat Klumpp. Fahrbach habe Ministerpräsident Filbinger davon überzeugt, aus dem Schönbuch den ersten Naturpark des Landes zu machen. Viele glauben, dass der mitgliederstarke Albverein die Landesregierung zum Umdenken brachte, weil eine Landtagswahl vor der Tür stand.
Im 27. März 1972 waren die Pläne für einen Großflughafen im Schönbuch endgültig vom Tisch. Ministerpräsident Filbinger erklärte den Schönbuch zum ersten Naturpark Baden-Württembergs.
Am ersten Oktoberwochenende (1./2.10.2022) ist der 50. Geburtstag des "Naturparks Schönbuch" in Tübingen-Bebenhausen groß gefeiert worden. Mit Politikerinnen und Politikern und geladenen Gästen und mit einem Fest für alle. Es gab einen Regionalmarkt, Zauberkünstler und jede Menge Mitmachstationen im Wald ums Kloster Bebenhausen: etwa einen Pirschpfad, eine Waldseilbahn oder eine Jagdhundevorführung.