Urlauber und Einheimische wandern zusammen mit Bäuerin Sabine Schmidt und ihren Ziegen im Münstertal (Foto: SWR)

Bei Familien und Urlaubern beliebt

Entschleunigung pur: Ziegenwandern in Münstertal

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AUTOR/IN
Inès Plume

Bei Sabine Schmidts Ziegentouren um den Milchmattenhof in Münstertal erfahren die Wanderinnen und Wanderer auf den kräuterreichen Bergwiesen einiges über die Arbeit der Bergbauern.

Sabine Schmidt liebt es, mit ihren 20 Ziegen zu wandern. Mit dabei: braune deutsche Edelziegen, kleinere Zwergziegen. Welche mit und welche ohne Ziegenbärtchen, mit und ohne Hörner - eine bunte Mischung, nicht nur, was ihr Aussehen angeht, erzählt sie: "Die haben alle ihren eigenen Charakter, das ist faszinierend. Und das macht es aus." Irgendwann habe sie angefangen, allen einen Namen zu geben. "Thorsten zum Beispiel, da habe ich an einen Schulkollegen gedacht, das war so ein großer, schlacksiger mit lange Haaren, der lief auch immer so lässig herum", sagt sie. Und natürlich gibt es auch eine Heidi, ist ja klar, hier denkt man: Heidi, Deine Welt sind die Berge.

Der komplette Fernsehbeitrag zum Nachschauen:

Schmidts Ziegen sind gesellige Tiere und sie geben das Tempo vor. Dabei läuft die Ziegenherde gefolgt von Hofhund Nelly frei mit den Gästen mit. "Dass ein Mensch dabei ist, ein Hirte, das brauchen die irgendwie, das mögen die und dann haben sie ein bisschen Orientierung. Der Hirte läuft weiter, gehen wir mal mit. Das ist schön und wirklich eine Harmonie", sagt Sabine Schmidt.

"Gassi gehen" für glückliche Ziegen

Urlauber und Einheimische wandern zusammen mit Bäuerin Sabine Schmidt und ihren Ziegen im Münstertal (Foto: SWR)
Ziegen sind Herdentiere und haben von Natur aus einen Wandertrieb

Dass die Ziegen durchaus beachtet werden möchten, das hat die Bäuerin schnell gemerkt. So kam sie überhaupt erst auf die Idee fürs Ziegenwandern: "Die waren unzufrieden, die sind ausgebüxt. Jedes kleine Loch im Zaun, da sind die durch." Da musste sich Sabine Schmidt was einfallen lassen. Aus der Not heraus sei sie irgendwann mal mit den Ziegen wandern gegangen - und es hat funktioniert. "Die haben das so gut mitgemacht, dass ich dachte, vielleicht muss man ab und zu mal mit denen Gassi gehen. So Herdentiere haben generell einen Wandertrieb."

Den Tieren ganz nahe kommen

Und so passen Ziege und Mensch gut zusammen. Beim Wandern, aber auch bei den vielen Schmusepäuschen zwischendurch. Der kleine Konrad ist begeistert: "Ich finde toll, dass man die auch so streicheln kann und dass die einen nicht wie Katzen kratzen." Auch Konrads Papa, Andreas Hartmann, genießt das Ziegenwandern sichtlich. Die Familie aus Vreden in NRW ist zum Urlaub hier im Südschwarzwald: "Die Nähe zu den Tieren ist toll und strahlt so eine Ruhe aus."

Urlauber und Einheimische wandern zusammen mit Bäuerin Sabine Schmidt und ihren Ziegen im Münstertal (Foto: SWR)
Ziegen sind sehr zutrauliche Tiere

Wie Bergbauern im Münstertal leben

Hoch auf rund 1.000 Höhenmeter geht die zweistündige Wanderung. Tolle Ausblicke bei klarem Wetter bis in die Rheinebene und die Vogesen, vorbei an fast 300 Jahre alten Weidbuchen, Naturdenkmale im Naturschutzgebiet. Dazu erklärt Sabine Schmidt viel Wissenswertes über das Leben ihrer Bergbauernfamilie hier oben. Ihr ist dabei wichtig zu erklären, dass man Ziegen nicht schlachten muss, sondern sie wichtig für die Landschaftspflege sind.

Urlauber und Einheimische wandern zusammen mit Bäuerin Sabine Schmidt und ihren Ziegen im Münstertal (Foto: SWR)
Sabine Schmidts Ziegen sind auch "Landschaftspfleger"

"Wenn wir keine Ziegen hätten, dann wäre hier jetzt ganz schnell alles verbuscht."

Ziegenprämie für Landschaftspflege und Artenvielfalt

Ziegen geben dem Südschwarzwald sein Gesicht. Deshalb bekommen die Halter hier sogar eine Ziegenprämie aus der Tourismusabgabe: immerhin 25 Euro pro Tier und Jahr. Eine Geste, die auch zeigen soll, dass Landwirtschaft und Tourismus durchaus vereinbar sein können. "Artenvielfalt erhalten, denn auf so einer offenen Bergweide sind natürlich ganz andere Pflanzen und Tiere, wie wenn das jetzt hier ein Wald wäre. Also die Abwechslung macht es", sagt Sabine Schmidt.

Mehr als Touristen bespaßen

Ziegenwandern ist kein reines Touristen-Event. Es geht also auch darum, warum Ziegen hier oben so wichtig sind: um die Landschaft freizuhalten und um die Artenvielfalt auf den kräuterreichen Bergwiesen zu erhalten, auf denen etwa wilder Thymian und Arnica gedeihen. Ein Ziegenparadies mit tieferem Sinn. Das möchte Sabine Schmidt ihren Gästen nahe bringen auf der abwechslungsreichen Ziegentour über Weiden, Trampelpfade, feste Wege und kleine Wäldchen im Münstertal.

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Inès Plume