Seit Jahren steigt die Zahl der Sicherungsverwahrten bundesweit an. In Baden-Württemberg befinden sich laut Justizministerium 63 verurteilte Straftäter im Alter zwischen 32 und 78 Jahren in Sicherungsverwahrung. 54 von ihnen sind in Freiburg, weitere in Heilbronn, Schwäbisch Gmünd und Bruchsal untergebracht. Dabei ist die Sicherungsverwahrung nicht unumstritten.
Keine Freiheit nach Haft
Keine Freiheit nach Haft - das gilt für viele Straftäter, die ihre Strafe im Gefängnis abgesessen haben und dann in die Sicherungsverwahrung kommen. Die Verurteilung von Straftaten wie Vergewaltigung, sexuellen Missbrauch, Mord und Totschlag zieht nicht nur eine Gefängnisstrafe nach sich, auch eine anschließende Sicherungsverwahrung ist möglich.
Wie leben Menschen in der Sicherungsverwahrung?
Auf dem Gelände der Freiburger Justizvollzugsanstalt ist die Sicherungsverwahrung vom Bereich der Gefangenen abgetrennt. Auch gibt es keine Zellen wie im Gefängnis, sondern doppelt so große Räume, die von innen abgeschlossen werden können. Neben Gemeinschaftsküchen, eigenen Toiletten, Möbeln und sogar einer Terrasse, dürfen die Menschen auch begleiteten Ausgang in Anspruch nehmen. Es gibt Freizeit- und Arbeitsangebote. Marion Gentges (CDU), Ministerin für Justiz und Migration, begründet diesen Unterschied zum Gefängnis damit, dass die Sicherungsverwahrung keine Strafe, sondern eine präventive Maßnahme ist.
Zusätzliche Plätze in JVA Offenburg geplant
Das Land will nach eigenen Angaben zusätzliche Plätze in Freiburg schaffen. Dies verzögert sich aber. Deswegen soll in der sozialtherapeutischen Abteilung der JVA in Offenburg ein Stockwerk für die Unterbringung von zehn Sicherungsverwahrten umgebaut werden. Eine Inbetriebnahme sei für das erste Halbjahr 2024 angestrebt.
Fall Thomas Meyer-Falk: Ehemaliger Sicherungsverwahrter will Haftstrafen abschaffen
Für viele Menschen in der Sicherungsverwahrung fühlt sich die Zeit nach der Haftstrafe dennoch an wie eine Strafe, so auch für Thomas Meyer-Falk. Der ehemalige Sicherungsverwahrte berichtet von Suizidversuchen und "tiefer Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit". Insgesamt verbrachte er 27 Jahre hinter Gittern, 10 davon im Freiburger Zentrum für Sicherungsverwahrung. Im Alter von 25 Jahren stürmte er eine Sparkasse in Neuenstein bei Heilbronn und hielt dort sechs Geiseln über 14 Stunden gefangen. Er bedrohte sie mit schweren Waffen und forderte mehrere Millionen Mark als Lösegeld. Ein Gericht verurteilte ihn daraufhin zu 16 Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.
Thomas Meyer-Falk unterhielt schon während seiner Haftzeit einen Blog. Dort stilisiert er sich als linken Robin Hood und nennt sich einen politisch Gefangenen. Gefängnis und Sicherungsverwahrung würden niemandem was bringen, meint er. Ist die Sicherungsverwahrung also ein notwendiges und legitimes Mittel? Bei Thomas Meyer-Falks selbst war der bewaffnete Raubüberfall mit Geiselnahme nicht seine erste Tat dieser Art. Mit 18 Jahren überfiel er eine Tankstelle, später erpresste er einen Warenhandel. Damit gilt Thomas Meyer-Falk als Wiederholungstäter, wenngleich er sich auch als Opfer eines politischen Racheakts sieht. Seit August 2023 ist Thomas Meyer-Falk auf freiem Fuß. Reue für seine Opfer zeigt er bis heute nicht. "Natürlich haben die Geiseln psychische Schäden davon getragen, aber es ging dabei um die Beschaffung finanzieller Mittel für linke Projekte", erklärt der 52-Jährige.
BW-Justizministerin: Umstrittene, aber notwendige Maßnahme
Die Sicherungsverwahrung ist eine umstrittene Maßnahme, denn Menschen sind für eine Tat eingesperrt, die sie noch nicht begangen haben - aber noch begehen könnten. Aus diesem Grund sei die Sicherungsverwahrung gleichzeitig eine notwendige Maßnahme "zum Schutz der Allgemeinheit vor einer kleinen, aber besonders gefährlichen Gruppe von Verurteilten", so Marion Gentges. Den Anstieg der Sicherungsverwahrten erklärt die baden-württembergische Justizministerin unter anderem mit einer oft jahrelangen Unterbringung von therapieresistenten Menschen. Neue Straffällige würden nachrücken und dies führe zu Platzmangel, erklärt die Justizministerin. Bis 2027 sollen im Zentrum für Sicherungsverwahrung Freiburg daher weitere Plätze geschaffen werden.