Holzkreuz mit Jesusfigur (Foto: dpa Bildfunk, Inga Kjer)

Missbrauchsskandal, Doppelmoral, Frauenbild

Warum eine Freiburger Christin aus der Katholischen Kirche ausgetreten ist

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Gabi Krings

Die Katholische Kirche steckt in einer tiefen Krise. Viele Gläubige können angesichts des Missbrauchsskandals nicht mehr zu ihr stehen und treten aus.

Eine Erdgeschosswohnung gegenüber der Katholischen Kirche St. Andreas in Freiburg-Weingarten. Hier wohnt Katharina Skala mit ihrer Familie. Die studierte Kirchenmusikerin und Mutter von vier Kindern ist eng verbunden mit der Kirchengemeinde, spielt dort auch die Orgel. Es ist so etwas wie ihre Heimat. Doch die streng konservative Haltung der Amtskirche und die vielen Skandale konnte die 36-Jährige nicht länger mittragen. Im vergangenen Frühjahr unterschrieb sie die Austrittserklärung.

"Da kam ja dann das Segnungsverbot für homosexuelle Paare aus Rom und die Missbrauchsstudie in Köln. Auch da hat keiner Verantwortung übernommen und da kippte alles in mir. Ich konnte das nicht mehr leben."

Rekord bei Kirchenaustritten

Wie Katharina Skala verlassen immer mehr Christinnen und Christen die Kirche. Die Leiterin des Freiburger Standesamtes, Dominique Kratzer, stellte für 2021 einen Negativrekord fest: "wir hatten so viele Menschen wie nie, die aus einer Religionsgemeinschaft austreten wollten". Exakt 2.946 Freiburgerinnen und Freiburger seien es gewesen, gut zwei Drittel davon kehrten der Katholischen Kirche den Rücken. 2022 drohe ein neuer Rekord, sagt Kratzer. Nach dem jüngst veröffentlichten Missbrauchsgutachten aus München habe es wieder einen Ansturm auf das Freiburger Standesamt gegeben: Über 200 Austritte binnen einer Woche, die 160 Zusatztermine seien innerhalb weniger Stunden ausgebucht gewesen.

Erzbistum gibt sich bedeckt

Der Freiburger Erzbischof, Stephan Burger, wollte sich zu der aktuellen Austrittswelle nicht äußern - aus Zeitgründen, wie es hieß. Vor Monaten hatte ihm Katharina Skala einen Brief geschrieben. Die Antwort war ernüchternd. Sie glaubt, dass es "in den Bischofsetagen" noch nicht angekommen ist, wie sehr die Leute auf dem Sprung sind. Dabei hätten die Bischöfe die Macht, etwas zu verändern, wenn sie nur wollten.

"Wir brauchen Menschen mit Rückgrat, die sich was trauen und die mutig sind. Aber da sind solche Bremsen, da sind solche Kräfte, an die kommen wir nicht ran."

Viele Katholikinnen und Katholiken ringen mit Austritt

Durch ihren Austritt hat die gläubige Christin noch einmal gespürt, dass viele Menschen in der Katholischen Kirche die tiefe innere Zerrissenheit teilen. Vielen ginge es genauso, überall habe sie großen Zuspruch bekommen. In ihrer Gemeinde habe man sie nicht verstoßen. Sie spielt dort weiterhin Orgel und singt in den Gottesdiensten.

"Es fühlt sich widersprüchlich an, aber der Widerspruch vorher war der Schlimmere.“

Hoffnung auf innerkirchliche Reformen enttäuscht

Mit Papst Franziskus und später der Frauenbewegung Maria 2.0 und dem Synodalen Weg keimte immer wieder Hoffnung auf. Doch diese wurde stets enttäuscht, erzählt Katharina Skala. Der Glaube, die Katholische Kirche von innen reformieren zu können, habe sie irgendwann aufgegeben. Der Austritt war für sie ein letztes Aufbegehren, die letzte Möglichkeit, doch noch etwas zu bewirken. Sie wollte nicht resignieren, sondern ein Zeichen setzen.

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