Die Asylzentren sind voll. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz. Deshalb würde unser Nachbarland Geflüchtete an der Grenze zu Österreich gezielt lenken und sie in eigens bereit gestellten Zugabteilen gezielt an die Grenze nach Basel bringen, wo sie dann in Richtung Deutschland und Frankreich weiterreisen können. Das berichteten Schweizer Medien wie SRF und die "NZZ am Sonntag". Das Verfahren ist umstritten und einige Rechtsexperten sehen darin einen Verstoß gegen das Dublin-Abkommen.
Recherche des Schweizer Fernsehens SRF
Ein Bericht im Schweizer Fernsehen SRF zeigt, wie der Nachtzug aus Wien am Bahnhof in Buchs im Kanton St. Gallen einfährt. Schweizer Grenzbeamte begleiten eine Gruppe Geflüchteter aus dem Zug. Es gibt eine Personenkontrolle.
Die heimlich gedrehten Bilder zeigen, wie die zumeist jungen Männer aus Afghanistan, Tunesien und Marokko danach wieder auf dem Gleis stehen und von Mitarbeitern der Schweizer Bahn, SBB, gezielt angesprochen werden. Die SBB-Mitarbeiter führen die Ankommenden in ein gesondert bereitgestelltes Zugabteil.
In gebrochenem Englisch erzählt ein junger Mann den Journalisten, dass sie gefragt worden seien, wohin sie wollen, und die meisten hätten Deutschland oder Frankreich gesagt. Die Polizei habe ihnen dann ein Zugabteil zugewiesen. Das ist für die Geflüchteten reserviert und bringt die Migranten an die Grenze.
Der Radiobericht von SWR-Reporterin Petra Jehle zum Nachhören:
Vorgehen der Schweiz stösst international auf Kritik
Die SBB bestätigt in der "NZZ am Sonntag" das Vorgehen und begründet dies mit der Verpflichtung zum Transport von Fahrgästen. Kritiker sprechen von einem Verstoß gegen internationale Vereinbarungen, weil ein Asylverfahren in dem Land durchgeführt werden muss, in das ein Flüchtling zuerst einreist.
Asylbewerber, die über Österreich in die Schweiz einreisen, müssten zurückgeführt werden. Doch die Rückführung dauert und die Asylbewerber können nicht festgehalten oder arrestiert werden. Das Schweizer Staatssekretariat für Migration erklärt, dass die Menschen längst weitergereist seien, bevor die Zuständigkeit geklärt werden könne.
Innenministerium der Schweiz bekommt Rückendeckung aus Berlin
Im SPD-geführten Innenministerium in Berlin zeigt man Verständnis für das Vorgehen der Nachbarn. Man bestätigt, dass es dazu Gespräche zwischen den Innenministerinnen Karin Keller-Sutter und Nancy Faeser gegeben hat.
Trotzdem sieht man aufgrund der deutlich gestiegenen Zahl an illegalen Einreisen seit dem Sommer offenbar auf beiden Seiten Handlungsbedarf. Man habe vereinbart im operativen Bereich an der Grenze, bei der Bundespolizei, effektiver mit der Schweiz zusammenzuarbeiten, so die Abgeordnete im SWR-Interview. Denn beide Länder hätten ein allergrößtes Interesse daran, dass die gemeinsame Grenze offen bleibt.