Eine Frau mit schulterlangen dunklen Haaren und ein Mädchen mit langen braunen Haaren lächeln in die Kamera. (Foto: SWR)

Familie baut sich neues Leben auf

Ukrainer in Endingen: Von der Gartenhütte ins eigene Zuhause

STAND
AUTOR/IN
Wera Engelhardt
SWR Aktuell, Logo (Foto: SWR, SWR)

Familie Kovalenko hielt es in der Unterkunft nicht aus und hätte Deutschland fast wieder verlassen. Ihr Tierarzt bot der Familie Zuflucht im Schrebergarten. So geht es den Kovalenkos heute.

Ihr neues Zuhause misst 76 Quadratmeter, hat drei Zimmer und einen Balkon. Liebevoll blickt Anastasia Kovalenko auf die noch wenigen Möbel, die große rote Couch im Wohnzimmer zum Beispiel und den Schminktisch im Zimmer ihrer Tochter Alexandra. Wenn es auch noch etwas leer wirkt: Die ukrainische Familie Kovalenko fühlt sich nach den Turbulenzen des vergangenen Jahres, nach Flucht, Verzweiflung und Sorgen, in Endingen (Landkreis Emmendingen) bei Freiburg endlich angekommen.

"Es kam ein Stückchen Sicherheit zurück ins Leben, ein Stückchen Zuhause."

Die Familie war vergangenes Jahr vor dem groß angelegten Angriff Russlands auf ihr Land aus Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine nach Deutschland geflohen, mit drei Taschen und ihrem Hund, der Französischen Bulldogge Dora. Doch in ihrer Unterkunft in Freiburg hielten sie es nicht aus. In dem Wohnheim lebten sie, so erzählten sie es im Sommer dem SWR, auf engstem Raum mit einem psychisch kranken, aggressiven Mann zusammen. Die Verzweiflung war so groß, dass die Familie Deutschland fast wieder verlassen hätte. Doch ihr Tierarzt bot ihnen Zuflucht - in der Gartenhütte in seinem Schrebergarten.

Der Retter mit der Gartenhütte wird zum Freund

Eugen Schumaiko, ihr Retter in der Not, ist mittlerweile zu einem Freund geworden. Er ist auch bei der Führung durch die neue Wohnung an einem Nachmittag im März dabei. Schumaiko ist selbst in der Ukraine geboren. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine war für ihn schnell klar gewesen, dass er helfen muss. Als er die Kovalenkos kennenlernte, hatte er nach eigenen Worten schon Landsleute zu Hause untergebracht. Also half er mit der Gartenhütte aus, wo die Kovalenkos zumindest fürs Erste etwas Ruhe fanden. Schumaiko freut sich, dass es der Familie mittlerweile so viel besser geht.

"Ich habe die Familie Kovalenko wahrscheinlich nicht in der besten Zeit in ihrem Leben kennengelernt. Sie wussten nicht, wie es für sie weitergeht, waren sehr frustriert. Jetzt ist es eine sehr glückliche Familie, die zu schätzen weiß, was sie hier in Deutschland erreicht hat."

Mit der Wohnungssuche sei es anfangs schwierig gewesen, erzählt Anastasia Kovalenko. Die Eltern waren ohne Arbeit, und dann war da ja auch noch der Hund. Bald fand jedoch Viktor Kovalenko einen Job in einem Unternehmen, das Möbel aufbaut. Wenig später bekam Anastasia eine Stelle, in einer Elektronikfirma bei Freiburg. Und dann klappte es auch mit der Wohnung. Tochter Alexandra besucht jetzt die siebte Klasse in einem Freiburger Gymnasium. Dort fühle sie sich wohl, sagt sie. Wenn das Heimweh auch noch nicht verflogen sei.

Eine Frau und ein Mann stehen im Flur und einer Wohnung und lächeln einander an. (Foto: SWR)
Für Anastasia Kovalenko ist ihr Tierarzt Eugen Schumaiko zu einem Freund geworden. An einem Abend Anfang März besucht Schumaiko die Familie in der neuen Wohnung.

Mutter Anastasia packt Päckchen für die Ukraine

Wie es für die Familie weitergeht, ist noch unklar. Keiner wisse, wie die Zukunft in der Ukraine aussehe und wie lange sie in Deutschland bleiben können, sagt Anastasia Kovalenko. Deshalb lebe die Familie im Hier und Jetzt. In ihrer Heimat Sjewjerodonezk sei nur die Großmutter ihres Mannes zurückgeblieben. Die jungen Menschen seien geflohen. Sie will sich nun bemühen, richtig Deutsch zu lernen. In ihrer Freizeit packt sie Päckchen, die an Menschen in der Ukraine geschickt werden. Spätestens wenn Hündin Dora neue Medikamente braucht, sieht die Familie Eugen Schumaiko wieder - ihren Tierarzt und Freund.

Mehr über die Familie Kovalenko

Freiburg

Geflüchtete Familie aus der Ukraine verzweifelt an Wohnheim Hilfe in letzter Sekunde: Freiburger Schrebergarten als Notunterkunft für Ukrainer

Die ukrainische Flüchtlingsfamilie Kovalenko hätte Deutschland aus Verzweiflung über ihre Wohnsituation fast wieder verlassen. Doch dann kamen sie einer Gartenhütte unter.

SWR4 BW aus dem Studio Freiburg SWR4 BW Südbaden