Die STIKO empfiehlt eine vierte Corona-Impfung mit den neuen angepassten Impfstoffen gegen die Omikron-Variante BA.1 und BA.45. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

Tipps von Freiburger Medizinern

Angepasste Omikron-Impfstoffe: Soll ich mich zum vierten Mal impfen lassen?

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Jasmin Bergmann

Die STIKO empfiehlt bei einer vierten Corona-Impfung die an die neuen Omikron-Varianten angepassten Impfstoffe zu verwenden. Was sagen Freiburger Hausärzte und Virologen dazu?

Worin liegt der Unterschied zwischen BA.1 und BA.4/5?

Wer sollte sich zum vierten Mal impfen lassen?

Wie sinnvoll ist eine vierte Impfung überhaupt?

Welchen der neuen Omikron-Impfstoffe soll ich wählen?

Wie groß ist die Nachfrage nach neuen Impfstoffen?

Brauche ich für jede neue Variante eine neue Impfung?

Wie wird der Corona-Winter?

Vierte Impfung - ja oder nein?

Vierte Impfung - ja oder nein? Diese Frage dürften sich derzeit viele stellen. Jetzt, wo es draußen wieder kälter wird, wir uns wieder mehr drinnen aufhalten und somit die Gefahr einer Corona-Ansteckung steigt. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt nun eine vierte Impfung, vor allem für Menschen ab 60 und weitere Risikogruppen. Und am besten direkt mit den neuen Impfstoffen, die an die Omikron-Varianten BA.1 und BA.4/5 angepasst sind.

Worin liegt der Unterschied zwischen BA.1 und BA.4/5?

Die Impfstoffe gegen BA.1 und BA.4/5 wurden beide speziell für die Omikron-Variante des Coronavirus entwickelt. "Das hat also nichts mehr mit den anderen Varianten zu tun", sagt Hausarzt Pascal Seith aus Freiburg, der auch Pandemiebeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung ist. Das bedeutet, Seith bildet die Schnittstelle zwischen Stadt, Gesundheitsamt und anderen niedergelassenen Ärzten.

Als die Omikron-Varianten kamen, habe man gemerkt, dass man die Impfstoffe anpassen müsse, so Seith. Das habe man dann relativ schnell gemacht, weshalb erstmal der bereits existierende Impfstoff gegen BA.1 angepasst wurde. "Das ist die Ursprungs-Variante", sagte Pascal Seith. Der Unterschied zu BA.4/5 sei letztlich gar nicht so groß. Es gehe vielmehr um kleinere Veränderungen bei der Ansteckbarkeit und dem Verlauf der Erkrankung.

Wie sinnvoll ist eine vierte Impfung mit einem der angepassten Corona-Impfstoffen? (Foto: SWR, Jasmin Bergmann)
Eine Dose des neuen angepassten Impfstoffs BA.1. Die Hausärzte in Freiburg verimpfen diesen bereits.

Wer sollte sich zum vierten Mal impfen lassen?

Laut STIKO sollten sich zunächst nur bestimmte Gruppen zum vierten Mal impfen lassen, wie etwa Menschen über 60, Immungeschwächte oder Pflegeheimbewohner sowie Personal im Gesundheitsbereich. Grundsätzlich könne sich aber jeder auffrischen lassen, der den Wunsch danach habe, erklärt Hausarzt Seith; vorausgesetzt, die letzte Impfung liegt ein halbes Jahr zurück.

"Die angepassten Impfstoffe sind nur für Boosterungen zugelassen."

Möchte sich jemand zum ersten Mal impfen lassen, geht das allerdings nicht mit den neuen angepassten Impfstoffen. Die sind nur für Boosterungen zugelassen. Seith: "Das heißt, dass wir immer etwas von den anderen Impfstoffen auf Lager haben müssen." Die Wirkstoffe zur Grundimmunisierung haben die Hausärzte daher auch weiterhin auf Lager.

Wie sinnvoll ist eine vierte Impfung mit einem der angepassten Corona-Impfstoffen? (Foto: SWR, Jasmin Bergmann)
Hausarzt Christian Rödling impft täglich Menschen mit den Corona-Impfstoffen. Die Nachfrage steigt wieder an.

Wie sinnvoll eine vierte Impfung überhaupt?

Diese Frage lässt sich so allgemein nicht beantworten. Mit drei Impfungen gilt man derzeit als ausreichend geschützt. Die STIKO empfiehlt, dass alle Menschen ab 12 Jahren, die sich mit einer dritten oder vierten Impfung boostern lassen wollen, die neuen Omikron-Impfstoffe bekommen sollten.

Ob jemand eine vierte Impfung brauche oder wolle, könne "individuell entschieden werden", sagt Hausarzt Seith. Hat jemand Vorerkrankungen? Arbeitet jemand im Gesundheitswesen? War er schon an Corona erkrankt? Wie ist das familiäre Umfeld? All diese Fragen versucht er mit seinen Patientinnen und Patienten vorab zu klären. Sein Arzt-Kollege Christian Rödling empfiehlt die vierte Impfung vor allem denjenigen, die eine Vorerkrankung haben - das sei auch die Hauptzielgruppe.

Welchen der neuen Omikron-Impfstoffe soll ich wählen?

"Das sind alles omikronangepasste Impfstoffe", sagt Hartmut Hengel, Ärztlicher Direktor am Institut für Virologie der Freiburger Uniklinik. "Allerdings ist es so, dass die BA.1-Omikronviren aktuell nicht mehr zirkulieren. Und tatsächlich die BA.4- und BA.5-Viren zirkulieren."

Trotzdem sind nach STIKO-Auffassung und auch nach der Datenlage beide Impfstoffe in der Lage, die Auffrischung des Immunsystems zu bewirken. Aus diesem Grund seien beide bisher zugelassenen Impfstoffe geeignet, urteilt auch Virologe Hengel.

Wie groß ist die Nachfrage nach neuen Impfstoffen?

Christian Rödling vom Praxiszentrum Wiehre in Freiburg verimpft den BA.1-Impfstoff seit zwei Wochen. Sein Team und er immunisieren täglich. Etwa 30 Menschen sind es pro Woche - und mit jeder Woche kommen mehr Impfwillige in die Praxis. Es sei nicht mehr so wie vor einem Jahr, als der Andrang riesig war, aber dennoch steige mittlerweile wieder die Nachfrage, sagt Rödling. Einige seiner Patientinnen und Patienten fragen vor allem gezielt nach den neuen Impfstoffen - gegen BA.1 und auch schon gegen BA.4/5. Letzterer wird ab Ende September ausgeliefert.

"Der Andrang ist größer geworden, seitdem die angepassten Impfstoffe zur Verfügung stehen."

Auch Hausarzt Pascal Seith verimpft in seiner Praxis den angepassten Impfstoff gegen BA.1. Er und seine Kolleginnen und Kollegen konnten den angepassten Impfstoff bereits vor der STIKO-Empfehlung bestellen, weshalb sie direkt mit dem Impfen loslegen konnten. Jeder Arzt kann pro Kassensitz 240 Dosen des neuen Impfstoffs bestellen. Das reiche für eine Arztpraxis, glaubt Pascal Seith.

Brauche ich für jede neue Variante eine neue Impfung?

Manche befürchten ein "Impf-Abonnement", sagt Virologe Hartmut Hengel. Er glaubt zwar schon, dass wir uns immer wieder gegen Corona impfen lassen müssen: "Aber ich glaube nicht, dass wir mit jeder neuen Variante eine neue Impfung brauchen." Dennoch sind für ihn die angepassten Impfstoffe sinnvoll.

Man dürfe nicht erwarten, dass dadurch keine neuen Virus-Varianten entstünden. Ein Ende der Pandemie sieht Hengel aufgrund der neuen Impfstoffe (noch) nicht. "Es wird darauf hinauslaufen, dass das Virus und unsere Impfstoffe in einen gewissen Wettlauf eintreten", so Hengel.

"Wir werden dem Virus am Ende immer hinterher laufen. Das ist leider die Wahrheit."

Wie wird der Corona-Winter?

Für diesen Winter erwartet der Virologe wieder viele Infektionen - aber weniger schwere Verläufe, da eine größere Immunität in der Bevölkerung herrsche. "Das Corona-Virus hat sicherlich einen Teil seines Schreckens verloren", meint Hengel. Er vermutet, dass nicht allein das Corona-Virus, sondern auch das Influenza-Virus für Infektionen sorgen wird. Das Grippe-Virus hat zwei Jahre ausgesetzt, weshalb unser Immunsystem jetzt geschwächter sei.

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